Börsen-Zeitung: Nehmerqualitäten, Kommentar zum Halbjahresergebnis der Dresdner Bank von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Herbert Walter hat, soweit bekannt, keine E-Mail an die Mitarbeiter der Dresdner Bank geschickt, in der er beklagt, dass die Öffentlichkeit über die erfreuliche Entwicklung seines Hauses vom Allianz-Vorstand leider nicht korrekt und transparent informiert worden sei. Der Bankchef sieht die Dresdner vielmehr wunderbar im Zahlenwerk der Münchner Muttergesellschaft präsentiert, wie er auf Nachfrage versicherte. Einen gehörigen Schrecken dürfte es den Frankfurtern gleichwohl versetzt haben, als nach der Vorlage der Halbjahreszahlen des Allianz-Konzerns am vorigen Freitag wieder einmal Meldungen der Sorte Sorgenkind Dresdner Bank über die Agenturbildschirme irrlichterten. Diese Nachrichtenlage, so hatte man bei der Banktochter wohl etwas voreilig gehofft, sollte doch endlich der Vergangenheit angehören.
Was der grünen Bank zuletzt einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht hat, war der Eigenhandel. Im April und Mai sind die Verantwortlichen der Investmentbankeinheit Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW) in praktisch jedes Fettnäpfchen hineingetappt, das an den Finanzmärkten aufgestellt war. Und das waren nicht wenige. Zinsen, Credit Spreads, Aktien alles dumm gelaufen für DrKW. Im Block Trading blieben die Händler auf Positionen sitzen und mussten ebenfalls Verluste einbuchen. Summa summarum handelte man sich Miese in dreistelliger Millionenhöhe ein. Da hat manch andere Investmentbank im fraglichen Zeitraum deutlich besser gelegen. Der Dresdner-Chef wirkte denn auch not amused, als es um dieses Thema ging.
Die gute Nachricht: Vor zwei, drei Jahren hätte ein Einbruch des Handelsergebnisses wie im Berichtsquartal die Dresdner umgehauen. Heute dagegen befindet sich die zweitgrößte deutsche Bank wieder in einer Situation, in der sie solche Rückschläge, die im Investment Banking nun mal zum Geschäftsmodell gehören, wegsteckt. Die brutalen Aufräumarbeiten auf der Kosten- und auf der Risikoseite zeigen jetzt deutlich Wirkung. Dank der auf diese Weise antrainierten Nehmerqualitäten war es trotz der Klatsche im Handel möglich, operativ das beste Zwischenergebnis seit der Übernahme durch die Allianz 2001 zu erzielen. Das macht die Dresdner, was ihre Erfolgskennziffern angeht, gewiss noch nicht zum Musterknaben. Aber Sorgenkinder sehen anders aus.
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