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Börsen-Zeitung: Benzinpreis-Populismus, Kommentar von Gerhard Bläske zur Idee des französischen Premierministers, Geld zu verteilen, das er nicht hat.

Frankfurt (ots)

Wenn die Franzosen in den nächsten Tagen und
Wochen aus dem Urlaub zurückkehren, dann werden sie – sofern sie mit
dem Auto fahren – für die Rückfahrt deutlich mehr Benzingeld brauchen
als bei der Hinfahrt. Die Benzinpreise haben in den zurückliegenden
vier Wochen um 15% zugelegt, und sie werden weiter steigen, wie der
Mineralölverband des Landes erwartet.
In solchen Fällen erschallt in Frankreich schnell der Ruf nach dem
Staat. Die Opposition, die traditionell streikfreudigen Fernfahrer,
aber auch Mitglieder der Regierungspartei UMP fordern eine Senkung
der Mineralölsteuer. Der Steueranteil beim Mineralöl liegt bei über
70%, und wenn der Benzinverbrauch nicht zurückgeht, ist der Staat
tatsächlich einer der Nutznießer der Ölhausse. Einerseits. Doch
andererseits reduziert der hohe Ölpreis das ohnehin fragile Wachstum
nach Schätzung des Statistikamtes Insee um 0,2 Prozentpunkte auf nur
noch bescheidene 1,3%. Damit sinken jedoch andere Steuereinnahmen.
Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin ist deshalb dem
Lockruf zu Recht nicht gefolgt. Er handelt aber dennoch alles andere
als verantwortungsbewusst, wenn er verspricht, eventuelle
Mehreinnahmen bei der Mineralölsteuer Fernfahrern oder sozial
Schwachen zugute kommen zu lassen. De Villepin will Geld verteilen,
das er angesichts eines Schuldenstandes von weit über 1000 Mrd. Euro
und eines Defizits, das in diesem Jahr voraussichtlich zum vierten
Mal in Folge über der Drei-Prozent-Marke liegen wird, gar nicht hat.
Statt jedoch eventuelle Zusatzeinnahmen für die Schuldentilgung zu
verwenden, scheut er es, den Franzosen die Wahrheit über die
Situation zu sagen. Das ist ein typisches französisches Muster, das
in ähnlicher Weise Anfang 2000 unter der linken Vorgängerregierung zu
bestaunen war, die unerwartete Steuermehreinnahmen statt zur
Defizittilgung lieber für neue Ausgaben verwendete.
Eineinhalb Jahre vor den nächsten Wahlen scheuen Präsident Jacques
Chirac und sein Premier jeden potenziellen Konflikt. Echte
Initiativen sind von so einer Regierung nicht zu erwarten. Chirac und
de Villepin geht es offenbar einzig und allein darum, sich mit
populistischen Maßnahmen bis zum Wahltag durchzuschlagen und vor
allem den innerparteilichen Rivalen Nicolas Sarkozy auszustechen.

Rückfragen bitte an:

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Redaktion
Telefon: 069--2732-0

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