Börsen-Zeitung: Kofler auf Sendersuche, Kommentar von Björn Godenrath zum Erwerb der Champions-League-Rechte für Free- und Pay-TV durch Premiere
Frankfurt (ots)
Da hat Premiere-Chef Georg Kofler mit dem Erwerb der Champions- League-Rechte für Free- und Pay-TV am Dienstag einen echten Coup gelandet, bekommt an der Börse aber nur begrenzt Szenenapplaus. Nach dem morgendlichen Schreck einer negativen Einschätzung durch die Deutsche Bank (Kursziel: 22,90 Euro) rutschte die Aktie auf ein Rekordtief, konnte sich zwar berappeln, ohne jedoch in positives Terrain vorzustoßen. Derzeit notiert das Papier bei 25,39 Euro unterhalb des Emissionspreises von 28 Euro je Aktie.
Dass Premiere an der Börse bisher keine Erfolgsstory darstellt, liegt in zunehmender Skepsis gegenüber den Wachstumsaussichten begründet. Bereits vor drei Wochen kam die Aktie unter die Räder, als Kofler erstmals (!) eine Prognose für das laufende Geschäftsjahr nannte und prompt für Verwirrung sorgte, weil unklar blieb, für welchen Abschnitt wie viele Abonnenten gewonnen werden sollen. Das, was an Erkenntnissen blieb, wurde als enttäuschend eingestuft.
Mit dem nun gewagten Vorstoß will Kofler neue Perspektiven eröffnen. Die im Paket erworbenen Rechte zur Ausstrahlung im frei empfangbaren Fensehen erlauben es Premiere zu entscheiden, welche Partie nur gegen zusätzliches Entgelt zu verfolgen ist. Fans von Bayern München können es sich also abschminken, das Gekicke ihrer Lieblinge ohne Dekoder mitzuverfolgen. Zusätzliche Abos sind quasi garantiert. Eine ähnliche Konstellation könnte Kofler auch in der Bundesliga herstellen, wenn er der Liga die Ware Fußball im Herbst ebenfalls komplett abnimmt.
Allerdings besitzt Premiere bisher noch keine geeignete Abspielstation für den freien Fernsehmarkt. Kofler hat nun die Wahl, einen Sender aus dem Nichts aufzubauen, bei EM.TV das DSF herauszukaufen oder sich mit dem Medienmanager Herbert Kloiber auf den gemeinsamen Betrieb eines seiner Sender (RTL2, Tele5) zu verständigen. Kloiber hatte kürzlich seine Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit signalisiert.
Doch auch wenn Kofler seine Sendersuche erfolgreich gestaltet, bleiben viele Fragezeichen. Neben Senderechten für kumuliert 650 Mill. Euro ist dann auch noch der Erwerb eines TV-Senders zu budgetieren. Geld, das der Sender erst einmal einspielen muss. Der im Halbjahr erzielte Nettogewinn wird so schnell wohl kein Déjà-vu zeitigen.
(Börsen-Zeitung, 31.8.2005)
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