Börsen-Zeitung: Gekaufte Stimmen, Kommentar zur Forderung mit einem Dividendenbonus die HV-Präsenzen zu erhöhen von Sabine Wadewitz
Frankfurt (ots)
Die sinkenden Präsenzen auf Hauptversammlungen (HV) treiben die Unternehmen um. Mit Verzicht auf Depotstimmrecht und zunehmendem Engagement ausländischer Investoren ist das auf Aktionärstreffen vertretene Kapital rapide zurückgegangen. Schlusslicht im Dax bildete in dieser Saison Continental, die gerade mal 23,6% ihrer Anteilseigner locken konnte. Nach Rekordgewinn und Top-Dividende gab es für die Aktionäre des Zulieferers allerdings auch wenig zu beanstanden und nur die üblichen Regularien abzunicken. Die Schlacht zur Phoenix-Übernahme war auf der außerordentlichen HV ausgetragen worden wohlgemerkt bei einer Präsenz von 87%!
Die Furcht vor Zufallsmehrheiten mag groß sein und der Horror vor Hedgefonds noch größer. In vielen Fällen jedoch, wenn aggressive Investoren für Wirbel sorgen, haben Konzerne die Interessen ihrer Investoren schlichtweg ignoriert. Dass finanzielle Anreize zur Stimmenabgabe oder gar die Renaissance des Depotstimmrechts hier die richtigen Instrumente sind, ist zu bezweifeln. Natürlich würden mit einem Dividendenbonus die Präsenzen hochgehen. Erfahrungen in Spanien, so wird gefrotzelt, hätten sogar Abstimmungsergebnisse von über 100% gebracht. Die Extrazahlung wäre allerdings wohl mit hohem bürokratischen Aufwand und mit Unwägbarkeiten verbunden. Müsste zum Beispiel für zusätzliche außerordentliche Aktionärstreffen ein Teil des Gewinns reserviert werden, um auch hier Voten zu belohnen?
Sinnvoller wäre es, die HV-Teilnahme und die Möglichkeit der Stimmenabgabe zu erleichtern. Mit der Neuregelung zum Record Date ist ein wichtiger Schritt getan. Aber immer noch zu wenig Firmen ermöglichen die elektronische Stimmenabgabe und die HV-Teilnahme via Internet. Im Corporate Governance Kodex steht zudem längst, dass Gesellschaften für einen Stimmrechtsvertreter sorgen sollen. Diese Praxis muss gelebt werden! Über allem steht eine aktive Kommunikation mit den Investoren bei sehr vielen Unternehmen leider immer noch eine ungeliebte Übung. Geld kann dafür kein Ersatz sein.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Befürworter finanzieller Anreize erwarten, dass die geköderten Aktionäre vor allem im Interesse der Verwaltung stimmen. Mit dieser Einstellung kann sich keine HV-Kultur entwickeln.
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