Börsen-Zeitung: Unruhige Fahrweise, Kommentar zu den Aussichten der Automobilindustrie für das Jahr 2006 von Peter Olsen
Frankfurt (ots)
Eigentlich würden auch die Automobilmanager gerne wissen, wohin die Reise geht. Da aber die Hoffnungen, dass es endlich einmal für einen wirklichen Aufschwung im Inland reicht, Jahr für Jahr enttäuscht werden, greift die Verunsicherung der privaten Autokäufer nun auf die Führungskräfte über.
Das Arbeitsjahr 2005 ist für die deutschen Hersteller von den Stückzahlen her noch respektabel gelaufen. Die tiefen Schrammen in der Ertragsrechnung werden im Frühjahr nachgeliefert. Die Politik erweist der Automobilindustrie aber nun mit dem weitgehenden Wegfall der Pendlerpauschale keinen Gefallen, nachdem die höheren Kraftstoffpreise den Autofahrern schon zusätzliche 7 Mrd. Euro aus der Tasche ziehen. Eigentlich hätte die Branche für 2006 sogar mit einem Rückgang der Pkw-Neuzulassungen im Inland von 3,34 auf 3,2 Millionen Neuwagen gerechnet.
Aber die für 2007 vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer um happige 3 Prozentpunkte beschert einen Vorzieheffekt von etwa 50000 bis 80000 Fahrzeugen. Der auch damit mögliche Inlandsverkauf von 3,35 Millionen Pkw sieht etwas freundlicher aus, als er ist. Denn nach einem beschleunigten Verkauf gegen Ende 2006 droht eine nachhaltige Kaufabstinenz zu Beginn 2007. Dass diese unruhige Fahrweise den Herstellern mit ihren ausgeklügelten Beschaffungs-, Produktions- und Verkaufsprozessen überhaupt nicht schmeckt wen wundert es? Mit dem zu Ende gehenden Jahr ist auch der Zenit in der Beschäftigung im Inland fürs Erste überschritten. Der Opel-Effekt drückt schon die Belegschaftsstärke um 0,8% auf 767000 Beschäftigte. Und 2006 kommen ja noch DaimlerChrysler-, VW- und Ford-Effekte...
Noch immer richtet sich die Hoffnung darauf, dass sich beim aufgestauten Ersatzbedarf endlich die Bremsen lösen. Aber wenn das die umfangreichen Rabatte und die Flut neuer Modelle nicht schafften, was soll dann die Kunden aus der Reserve locken? Ohne die gewerblichen Verkäufe an Handel, Vermieter und Firmen hätte es auch 2005 kein Absatzwachstum in Deutschland gegeben. Und in diesen Wochen werden die Statistiken schon wieder mit Tageszulassungen geschönt. Der starke Export soll es weiter richten aber in Westeuropa herrscht Stagnation, und das Geldverdienen in den USA fällt mittlerweile allen Ausnahme Porsche verdammt schwer.
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