Börsen-Zeitung: Jacobs Krönung, Kommentar von Andreas Kälin zur Übernahme der deutschen DIS AG durch den weltgrößten Personaldienstleister Adecco
Frankfurt (ots)
Die Börse hat euphorisch reagiert auf die Ankündigung des Personalvermittlers Adecco, die deutsche DIS zu übernehmen. Klaus J. Jacobs, seit letztem November allein an den Schalthebeln der Macht im Schweizer Konzern, hat die Begeisterung wie gewohnt noch geschürt und sich gleich selbst gekrönt: Das sei wahrscheinlich die beste Akquisition der Adecco-Gruppe seit deren Gründung 1996, meinte der Unternehmer. Er und seine Mitstreiter haben es immer schon verstanden, mit einer forcierten Übernahmetätigkeit Kursfantasien zu wecken. Das Ganze funktionierte in den neunziger Jahren fast wie ein Perpetuum mobile: Die Zukäufe trieben das Wachstum und den Aktienkurs; der hohe Aktienkurs wiederum half, weil eigene Aktien als Akquisitionswährung eingesetzt wurden, bei der Bewerkstelligung weiterer teurer Zukäufe. Die Bewertung stieg in fast absurde Höhen, weil die Wachstumsraten in die Zukunft extrapoliert wurden. Im Jahr 2000 platzte aber auch die Blase in den Adecco-Aktien.
Nun also auf ein Neues: Adecco tätigt wieder eine strategisch wichtig Übernahme, die wie schon damals sehr teuer kommt. Das Unternehmen zahlt für DIS über das 30fache von dessen letztjährigem Gewinn. Der hohe Preis könnte den Anlegern als Warnsignal dienen. Doch diese baden derzeit lieber in ihren euphorische Gefühlen und mögen sich nicht an die noch nicht weit zurückliegenden unglücksseligeren Jahre erinnern. Wieder aber dürften die Erwartungen, die bei den Anlegern geweckt werden, zu hoch sein. Zu neun Zehnteln operiert Adecco im Massengeschäft, wo die Wachstumsraten im tiefen einstelligen Bereich liegen.
In den größten Märkten für die Zeitvermittler, den USA und Frankreich, sind die Geschäfte nicht rosig, obwohl die Wirtschaft dieser Länder derzeit gar nicht schlecht läuft. So ist Adecco denn, wie die Zahlen für das dritte Quartal 2005 zeigten, nicht richtig vom Fleck gekommen. Angesichts dessen macht es Sinn, in der lukrativen Fachkräftevermittlung zu expandieren. Doch die Übernahme der DIS zeigt, dass der Ausbau des wachstumsträchtigen Geschäfts sehr kostspielig wird. Es gäbe Gründe genug zur Vorsicht zumal die Aktien der Adecco-Gruppe, die von der Börse zum Zwanzigfachen des letztjährigen Gewinns bewertet sind, recht teuer sind. Doch derzeit folgt die große Schar der Anleger unbesehen König Jacob.
(Börsen-Zeitung, 10.1.2006)
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