Börsen-Zeitung: Rekordstrafe für AIG, Kommentar zum Vergleich des Versicherers mit der Aufsicht von Andreas Cleis
Frankfurt (ots)
Mit dem 1,6 Mrd. Dollar schweren Vergleich mit den Aufsichtsbehörden hat der US-Versicherungskonzern American International Group (AIG) nicht nur einen neuen Rekord gesetzt, was die Höhe des Strafgeldes angeht, sondern vor allem ein äußerst turbulentes und nicht sehr schmeichelhaftes Kapitel abgeschlossen. In Reaktion darauf zog die Aktie um 2% an. Die Nachricht sorgte also für Erleichterung.
AIG musste im Zuge der Ermittlungen Fehlverhalten eingestehen und die Bücher in nicht geringem Ausmaß korrigieren. Für die Zukunft musste der Versicherer Wohlverhalten versprechen, und er darf sicher sein, dass die Aufseher gut aufpassen werden. Aber die Vorwürfe der irreführenden und sogar betrügerischen Buchführung werden für das Unternehmen nun keine weiteren Folgen mehr haben. Gegen einzelne Manager wird allerdings weiter ermittelt.
So hoch die Vergleichssumme scheint, AIG kann sie sich spielend leisten. Allein im dritten Quartal 2005 verdiente sie netto 1,72 Mrd. Dollar, obwohl in dieser Zeit Versicherungsleistungen von 1,57 Mrd. Dollar allein im Zusammenhang mit den schweren Wirbelstürmen erbracht werden mussten. Für die ersten neun Monate summierte sich der Nettogewinn auf über 10 Mrd. Dollar. Dennoch muss man sich fragen, wie sinnvoll milliardenschwere Bußen sind. Sie werden ja nicht aus den Taschen der Verantwortlichen beglichen, sondern mit Geld, das den Anlegern gehört. Die Aktionäre büßen damit gleich ein zweites Mal, nachdem sie im Zuge der Affäre bereits Kurseinbußen einstecken mussten. Relativiert wird dies nur insoweit, als zumindest die Securities and Exchange Commission (SEC) in jüngerer Zeit dazu übergegangen ist, Strafgelder für die Wiedergutmachung (in diesem Fall an Geschäftspartner der AIG) zu verwenden.
Der streitbare New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer strebt mit seinen Kampagnen nicht vorab eine Bestrafung individueller Übeltäter an, obwohl dies im Fall AIG in Zweifel gezogen werden muss, bleibt doch der Ex-Konzernpatriarch Maurice Greenberg weiterhin im Visier. Spitzer will mit der Aufdeckung unlauterer Geschäftspraktiken vielmehr Reformen durchsetzen. Ob ihm dies in der Versicherungswirtschaft gelingt, muss sich erst noch zeigen. Greenberg jedenfalls beharrt darauf, dass die beanstandeten Praktiken in der Branche ganz normale Geschäfte seien.
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