Börsen-Zeitung: Profumo läuft die Zeit davon, Kommentar von Markus Frühauf zu den aus der HVB-Übernahme resultierenden Problemen für Unicredit
Frankfurt (ots)
Für Unicredit-Chef Alessandro Profumo droht sich die Übernahme der HypoVereinsbank (HVB) noch als Pyrrhussieg zu erweisen. In München kam es im Top-Management zu einem Exodus. In Wien pochen die mit Vetorechten ausgestatteten Namensaktionäre der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) die AVZ-Stiftung und der Betriebsrat auf die Einhaltung des durch den Bank-der-Regionen-Vertrag festgelegten Sonderstatus. In Polen blockiert die Regierung die Fusion von Pekao (Unicredit) mit der Bank BPH (BA-CA).
Dass nun die Europäische Kommission die polnische Regierung wegen ihrer Blockadehaltung stärker in die Zange nimmt, hilft Profumo bei seinem Ziel einer zügigen Integration wenig weiter. Denn die rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Brüssel und Warschau können sich mehrere Jahre hinziehen. Diese Zeit hat Profumo nicht, will er die gegenüber dem Kapitalmarkt angekündigten Synergien fristgerecht liefern.
Polen ist der mit Abstand wichtigste Markt im wachstumsstarken Osteuropa-Geschäft, das ja ein wesentlicher Grund für die Übernahme der HVB war. Profumo kommt nicht umhin, den Streit mit der polnischen Regierung über eigene Verhandlungen beizulegen. Um den Bedenken in Warschau entgegenzukommen, hat Unicredit bereits die Herauslösung der polnischen Tochter aus der bei der BA-CA angesiedelten Osteuropa-Holding angeboten. Die Einheit würde direkt von der Mailänder Zentrale verantwortet und hätte damit einen höheren Stellenwert, als wenn sie von Wien einem Enkelkind ähnlich gesteuert würde.
Doch dieses Vorhaben stößt in Österreich auf Widerstand. Denn die Bank BPH hat sich zuletzt als wichtige Ertragssäule für die BA-CA erwiesen. Profumo muss also einen Ersatz bieten. Denkbar wäre, der BA-CA im Gegenzug die Zuständigkeit für das Russland- oder das Türkei-Geschäft zu übertragen. Doch die Zeit wird knapp: Für den 15. März war die Präsentation der neuen Struktur der BA-CA vorgesehen. Aber die Verhandlungen in Wien stocken. Dass der Termin eingehalten werden kann, gilt mittlerweile als unwahrscheinlich.
Angesichts dieser Gemengelage käme es einem Kunststück gleich, würde Unicredit doch noch alle zufrieden stellen: Warschau, Wien, das HVB- Management und nicht zuletzt die Investoren, die bislang auf die Übernahme vertraut haben.
(Börsen-Zeitung, 4.3.2006)
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