Boersen-Zeitung: Zündender Einfall, Kommentar von Heidi Rohde zum Einstieg des Finanzinvestors Blackstone bei der Deutschen Telekom
Frankfurt (ots)
Entgegen anders lautender übler Propaganda steht in Deutschland selbst bei einer erstrangigen Dax-Adresse das Tor für angelsächsische Finanzinvestoren weit offen. Lichtjahre zurück liegen die unseligen Zeiten, in denen Gesellschaften wie Blackstone von hochrangigen Politikern mit dem zweifelhaften Kompliment "Heuschrecke" brüskiert wurden. Was damals als feindliche Invasion galt, mutiert aktuell zum zündenden Einfall.
Denn der Einstieg von Blackstone zündete bei der T-Aktie ein Kursfeuerwerk von über 4% - solche Sprünge hat das Papier schon lange nicht mehr gemacht. Aber der allseitige Jubel - an der Börse, beim Bundesfinanzminister und auch bei der Telekom selbst - gründet sich nicht auf den Höhenrausch eines Tages. Vielmehr erhoffen sich die Beteiligten eine Initialzündung für die seit langem als unterbewertet geltende T-Aktie, die das Papier mittelfristig auf ein deutlich höheres Niveau katapultieren soll.
Der Bundesfinanzminister nimmt gerne ein wenig Häme über Geschäfte mit den missliebigen Heuschrecken in Kauf, wenn er die Aussicht hat, die restlichen Staatsanteile an der Telekom nicht mehr für kümmerliche 14 oder 15 Euro, sondern zu einem deutlich lukrativeren Preis abzugeben. Aufgrund dieses gemeinsamen Interesses, nämlich "Kurssteigerung", hegt umgekehrt auch Blackstone die Hoffnung, trotz relativ geringer Beteiligung von 4,5% tatsächlich etwas bewegen zu können, was den Wert des Investments so steigert, dass in drei bis fünf Jahren eine attraktive Rendite herauskommt. Das Telekom-Management schließlich hat durchaus nichts dagegen, im Aufsichtsrat eine weitere Stimme zu gewinnen, die einen strengen Sparkurs im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit unterstützt.
Dieser "Triple Win"-Cocktail käme, wenn er anschlägt, auch dem von der Performance der T-Aktie arg enttäuschten Streubesitz zugute. Einmal mehr zeigt sich die Ambivalenz von Private Equity, für die Blackstone ein lupenreines Beispiel ist: oft genug hat die Gesellschaft ihrem Heuschrecken-Image Ehre gemacht, einst bei der Übernahme von Celanese und jüngst bei dem milliardenschweren Leveraged Buy-out von TDC. Allerdings sind es die Heuschrecken, die hierzulande mit Investitionen in die Bresche springen, wenn sich kein anderer Investor findet. Gerade die Telekom hat dies beim Verkauf ihrer Kabelgesellschaften schon erfahren.
(Börsen-Zeitung, 25.4.2006)
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