Boersen-Zeitung: Breitseite gegen den Dollar, Kommentar von Bernd Weber zum gegenwärtigen Kursverfall der amerikanischen Währung
Frankfurt (ots)
Die Schwächeneigung des Dollar ist frappierend. Zum Euro wirkt die psychologisch wichtige Marke von 1,30 Dollar wie ein Magnet, zum Yen wurde die Barriere von 110 Yen unterschritten. Dabei hätte die vermutlich aufgeschobene Zinspause in den USA sowie die vom US-Finanzministerium vermiedene Erwähnung Chinas als Wechselkursmanipulator den Greenback stützen sollen.
Da der Dollar auf für ihn positive Nachrichten nicht mehr entsprechend reagiert, scheint sich die Überzeugung festgesetzt zu haben, dass die Zinsdifferenzen an Bedeutung verlieren und dass nur ein schwächerer Dollar zum Abbau der Ungleichgewichte in der US-Leistungsbilanz beitragen kann.
Doch auch andernorts zeichnen sich Entwicklungen ab, die für die amerikanische Währung nichts Gutes verheißen. Am arabischen Golf hat Kuwait eine Aufwertung des Dinar, der an den Dollar gekoppelt ist, um 1% beschlossen. Egal, ob dies eine Reaktion auf die jüngste G7-Erklärung ist, in der die ölexportierenden Länder zu einer flexibleren Währungspolitik aufgefordert wurden. Sollten sich weitere Staaten der Region dem Vorgehen Kuwaits anschließen, würde dies den Dollar weiter schwächen.
Auch die Tatsache, dass Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch die volle Rubelkonvertibilität bis zur Jahresmitte in Aussicht stellte und der Rubel danach auf ein Sechsjahreshoch zum Dollar stieg, ist ein Indiz, dass nicht nur die inneren Angelegenheiten der USA für die Dollar-Schwäche verantwortlich sind. Wird dann auch noch der Aufwertungsdruck in die Waagschale geworfen, dem sich viele asiatische Währungen ausgesetzt gehen, ist klar, wohin die Reise für den Greenback gehen wird.
Bisher haben sich Fonds und Real Money Accounts noch nicht wirklich auf den Trend zur Dollarschwäche gestürzt, und die entsprechenden Daten von den Terminbörsen legen nahe, dass der jüngste Abschwung des Greenback von der spekulativen Gemeinde verursacht wurde. Die rekordhohen Netto-Long-Positionen im Euro könnten zwar im Falle ihrer Auflösung eine vorübergehende Pause im Dollar-Abwärtstrend verursachen, doch tiefere Kurse werden von den vielen, die den Trend bisher verpasst haben, als Einstiegsgelegenheit genutzt werden. Kurse jenseits von 1,30 Dollar je Euro sind dann nur eine Frage von Wochen.
(Börsen-Zeitung, 13.5.2006)
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