Boersen-Zeitung: EZB muss Flagge zeigen, Kommentar zur Unabhängigkeit der Notenbank von Jürgen Schaaf
Frankfurt (ots)
Eigentlich läuft für die Europäische Zentralbank (EZB) alles nach Plan. Das Wachstum im Euroraum zieht an, so wie es die Notenbank seit einem guten halben Jahr erwartet und prognostiziert hat. Sie kann deshalb ganz allmählich und ohne Hast die geldpolitische Stimulierung zurücknehmen. Wenn am Donnerstag der Leitzins um weitere 25 Basispunkte auf dann 2,75% angehoben wird, werden die professionellen Beobachter an den Finanzmärkten der Notenbank fast unisono Fingerspitzengefühl und Augenmaß bescheinigen.
Ungemach droht dennoch, wenngleich aus einer ganz anderen Richtung. Der Präsident der EuroGruppe, Jean-Claude Juncker, sowie EU-Währungskommissar Joaquìn Almunia streben eine stärkere Abstimmung der Positionen zum Euro-Wechselkurs zwischen Politik und Notenbank an. Damit soll auf der internationalen Bühne ein geschlosseneres Bild der Währungsunion gezeichnet werden.
Was auf den ersten Blick wie das ehrenwerte Ansinnen aussieht, die Kommunikation des Euroraums mit dem Rest der Welt zu verbessern, rüttelt an den Grundfesten der Geldpolitik: der Unabhängigkeit der Notenbank. Denn klar ist: Wer eine gemeinsame Position nach außen vertritt, muss diese intern abstimmen. Damit würde die Politik Einfluss auf die Wechselkursstrategie der Notenbank gewinnen. Dies kategorisch zu verhindern, muss auf der Prioritätenliste der Währungshüter ganz oben stehen.
Es mag zwischen den verschiedenen Notenbanken der Welt durchaus unterschiedliche Auffassungen geben, wie die Inflation im Detail am wirksamsten bekämpft werden kann. Weltweit unbestritten ist unterdessen, dass die institutionelle Unabhängigkeit einer Zentralbank dazu gewährleistet sein muss.
Im Falle der EZB ist überdies zwar vorgesehen, dass sie an den Devisenmärkten intervenieren kann, sofern sie die Stabilität des Preisniveaus im Währungsgebiet gefährdet sieht. Ein eigenständiges Wechselkursziel verfolgt die europäische Notenbank dagegen ausdrücklich nicht. Dieses Verständnis ihres Mandats ist richtig und bewährt. Auch noch so gut gemeinte Angebote der Politik zur Hilfestellung in Wechselkursfragen sind daher nicht nur überflüssig, es gilt sie vielmehr strikt abzulehnen. Hier muss die EZB Flagge zeigen und ihr Präsident Jean-Claude Trichet standfest und unnachgiebig bleiben.
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