Börsen-Zeitung: Müllers charmante Variante, Kommentar von Christoph Ruhkamp zu den Ausführungen des RAG-Chefs Müller vor dem Wirtschaftsausschuss des NRW-Landtages zum geplanten Börsengang seines Konzerns
Frankfurt (ots)
RAG-Chef Werner Müller hat dem Wirtschaftsausschuss des Landtages von Nordrhein-Westfalen eine Variante für den Börsengang seines Konzerns nahegelegt, die einigen Charme hat. Sein Vorschlag: Die Stiftung, die den Emissionserlös erhalten und damit für die Risiken aus dem Bergbau haften soll, könnte mit einer Sperrminorität von gut 25% an dem börsennotierten Unternehmen beteiligt bleiben. Der Vorteil aus politischer Sicht: Bund und Land behalten indirekt Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens - insbesondere, wenn es um Arbeitsplätze geht.
Wichtiger aber ist der ökonomische Vorteil: Bisher hatte der "weiße" Industriebereich nur einen geringen Anreiz, seine Geschäfte effizient zu führen. Denn er muss aus dem erzielten Gewinn - mit einer Deckelung - zur Deckung der Kosten beitragen, die der "schwarze" Bergbaubereich verursacht.
Eine Stiftung also, die an dem börsennotierten Industriekonzern beteiligt bliebe, würde nicht nur nachhaltige laufende Erträge zur Deckung der Bergbaurisiken beitragen. Diese Erträge würden zudem von einem Unternehmen erwirtschaftet, das neuerdings einen starken Anreiz hätte, möglichst hohe Gewinne zu erzielen, um sie den mehrheitlich privaten Eignern auszuschütten. Gleichzeitig bietet die Beteiligung eine Art Rückversicherung für den Fall, dass die RAG "zu billig" an die Börse ginge. Denn dann käme es zu umso höheren Ausschüttungen an die Aktionäre, zu denen über die Stiftung auch die öffentliche Hand zählte.
Die schöne Idee hat nur einen Haken: Eine Beteiligung der Stiftung an der börsennotierten RAG würde auch den Emissionserlös mindern. Dabei geht es nicht nur um 25 bis 30%, sondern um die Tatsache, dass der indirekte Staatsanteil als solcher vom Kapitalmarkt als Makel wahrgenommen würde, der mit einem Abschlag bestraft würde. Ob also die Sperrminorität eine attraktive Variante ist, wird davon abhängen, wie hoch dieser Abschlag genau ausfiele.
Keine gute Idee ist dagegen der alternativ erwogene Verkauf der RAG in Teilen. Selbst wenn diese Variante einen Erlös einbrächte, der höher liegt als die geschätzte Summe der Bergbaurisiken, dann nützt dies nichts. Denn dann könnten die Altaktionäre Eon, RWE und ThyssenKrupp ihre Anteile nicht für den symbolischen Betrag von 1 Euro abgeben, ohne Ärger mit ihren Aktionären zu bekommen.
(Börsen-Zeitung, 24.8.2006)
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