Börsen-Zeitung: Angriff auf die Börsen, Kommentar zur Ankündigung einer gemeinsamen paneuropäischen Aktienhandelsplattform durch führende Investmentbanken von Dieter Kuckelkorn
Frankfurt (ots)
Wie ein Paukenschlag hat die Ankündigung von sieben führenden Investmentbanken gewirkt, eine eigene paneuropäische Plattform für den Aktienhandel zu gründen. Die Aktien der Börsenbetreiber, auf die die Initiative zielt, sind massiv unter Druck geraten. Überraschend kommt der Vorstoß freilich nicht. Die europäische Direktive über Märkte für Finanzinstumente (Mifid), die im November 2007 in Kraft tritt, soll den Wettbewerb im Wertpapierhandel fördern, so dass nach US-Vorbild elektronische Handelsplattformen die Monopole bzw. engen Oligopole der Börsenbetreiber aufbrechen können.
Wie die Kursreaktionen nahelegen, ist das unter dem Codenamen "Turquoise" bekannte Projekt durchaus ernst zu nehmen, denn die sieben Banken vereinen rund die Hälfte des europäischen Handelsvolumens auf sich. Das Beispiel USA zeigt zudem, dass neue Wettbewerber den etablierten Börsen erfolgreich die Pfründe streitig machen können. So verliert die New York Stock Exchange bei US-Aktien stetig Marktanteile, ohne dass ein Ende dieses Trends absehbar ist.
Allerdings ist es keineswegs sicher, dass es den beteiligten Banken gelingt, genügend Liquidität von den etablierten Börsen abzuziehen. Beispiele für erfolglose neue Marktplätze gibt es zuhauf: Bis jetzt ist noch jeder Versuch gescheitert, eine paneuropäische Handelsplattform zu gründen.
Dies liegt daran, dass es sehr schwierig ist, gegen gut etablierte Systeme mit hohen Skaleneffekten und damit niedrigen Kosten zu konkurrieren. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass es den Banken weniger um die von ihnen genannte Kostensenkung als vielmehr um die Internalisierung des Orderflow geht, wobei man dann als Marktplatzbetreiber selbst im Rahmen des Eigenhandels an den Spreads verdienen will.
Noch längst nicht geklärt ist auch, wie Clearing und Settlement sowie vor allem Aufsicht erfolgen sollen. Die Internalisierung der Orders wirft wegen der damit verbundenen Interessenkonflikte diffizile aufsichtsrechtliche Fragen auf.
Eines ist aber klar: Auf die Börsenbetreiber kommen mit dem Inkrafttreten von Mifid härtere Zeiten zu. Was für die Deutsche Börse wegen der breiten Diversifizierung noch einigermaßen glimpflich abgehen dürfte, könnte schwächere Wettbewerber wie etwa die London Stock Exchange auf längere Sicht in Existenznöte bringen.
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