Börsen-Zeitung: Brüsseler Amoklauf, Kommentar zum EU-Vorstoß, die Verbünde von Genossenschaftsbanken und Sparkassen mit Blick auf mögliche Kartellverstöße unter die Lupe zu nehmen, von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Die Verbünde des deutschen Kreditgewerbes - Sparkassen und Landesbanken einerseits, Volks- und Raiffeisenbanken samt Zentralunternehmen andererseits - sind in ihrem jeweiligen Innenleben wettbewerbsfreie Zonen. Das hatte der Internationale Währungsfonds schon vor einigen Jahren "entdeckt" und daher die Abschaffung des Regionalprinzips verlangt. Sogar die frühere rot-grüne Bundesregierung, sonst Verteidigerin des Dreisäulensystems, nahm kurzzeitig daran Anstoß, dass die räumliche Beschränkung von Geschäftsaktivitäten angeblich "Entfaltungsmöglichkeiten wettbewerbsstarker Banken" behindere - so Caio Koch-Weser 2003 in einem Gastbeitrag für die Börsen-Zeitung. Der damalige Finanzstaatssekretär wurde freilich von höherer Stelle bald wieder auf Linie gebracht. Fast überflüssig zu erwähnen, dass die privaten Banken seit langem die "Gebietskartelle" der dezentral aufgestellten Finanzgruppen beseitigt sehen wollen.
Und nun wieder die EU-Kommission. Ein Bericht, den Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes heute vorlegen will, wird anprangern, dass sich regionale Banken untereinander nicht ins Gehege kommen. Brüssel hält es sogar für kritikwürdig, dass z.B. Zahlungsinfrastrukturen, das Risikomanagement oder die Einlagensicherung koordiniert werden. Und dann - horribile dictu - treten die Verbünde am Markt auch noch unter einer gemeinsamen Marke auf!
Der Amoklauf gegen das deutsche Bankensystem, das übrigens in den vergangenen Jahrzehnten nicht durch Instabilität aufgefallen ist, geht also weiter. Ausgerechnet jene Gruppen, die hierzulande - anders als in Märkten mit oligopolistischen Strukturen - entscheidend zum lebhaften Wettbewerb beitragen, gelten als Wettbewerbshindernisse. Ein Verbund passt eben nicht ins Weltbild der Kommission. Deshalb sei es für Frau Kroes & Co. hier noch einmal festgehalten: Es gibt ein Wirtschaftsleben auch jenseits von Konzernen. Ein bewährtes Modell ökonomischer Betätigung ist der Verbund. Zu dessen Wesensmerkmalen gehört seit jeher die Arbeitsteilung, nicht zuletzt die regionale. Die Gebietsabgrenzung ist gewollt, und sie ist sinnvoll, weil sie im Unterschied zu der bei Konzernstrukturen typischen Distanz für Nähe zum Kunden und bessere Kenntnis der Risiken sorgt. Das erleichtert gerade dem Mittelstand den Zugang zum Kredit und garantiert flächendeckend die sichere Versorgung mit Finanzdienstleistungen. Was stört Brüssel daran?
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