Börsen-Zeitung: Die EZB als Wettbewerber, Kommentar von Markus Frühauf zur weiteren Verzögerung bei der Schaffung einer europäischen Wertpapier-Abwicklungsplattform
Frankfurt (ots)
Für die Europäische Zentralbank (EZB) wird es immer schwerer, die Wertpapier-Abwicklungsplattform nach ihren Vorstellungen durchzusetzen. Der Widerstand der EU-Regierungen wächst, denn die Notenbank greift mit ihrem Vorstoß in das Geschäftsmodell der privaten Zentralverwahrer ein. Auch die Banken, die das Projekt "Target2 Securities" (T2S) wegen der jährlichen Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe grundsätzlich begrüßen, melden Bedenken an.
Von der Wertpapier-Abwicklungsplattform der EZB wäre jede zweite Wertpapiertransaktion im Euro-Währungsgebiet betroffen. Auf T2S sollen künftig die derzeit von den nationalen Zentralbanken verwalteten Geldkonten der Banken sowie die bei den Zentralverwahrern liegenden Wertpapierkonten gebündelt werden. Die EZB würde im Post-Tradingbereich eine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Aber welche Institution soll die EZB, die selber Aufsichtsfunktionen wahrnimmt, dabei regulieren?
Als Ausweg schlagen die europäischen Privatbanken vor, dass die T2S-Plattform außerhalb der EZB betrieben werden soll. Diese Forderung greifen nun auch die EU-Finanzminister auf. Doch eine solche Lösung wäre für die EZB eine schmerzliche Niederlage, denn schließlich hat das Eurosystem mit dem Großbetragszahlungssystem Target2 die Voraussetzung für die Abwicklungsplattform geschaffen. Das Beispiel USA zeigt, dass der Markt die von der Fed betriebene Abwicklungsplattform akzeptiert. Die möglichen Effizienzgewinne durch das EZB-Projekt T2S stellen weder die Banken noch die Zentralverwahrer in Abrede.
Das EZB-Projekt kann entscheidend zu einer Konsolidierung der in Europa stark fragmentierten Abwicklungslandschaft beitragen. Darüber müssen sich die EU-Finanzminister im Klaren sein. An einer sauberen Aufsichtslösung muss auch der EZB gelegen sein, denn Interessenskonflikte stellen den an der Marktakzeptanz zu messenden Erfolg ihres Projektes in Frage.
Es spricht nichts dagegen, dass die EZB die Plattform in Eigenregie führt, wenn T2S-Nutzer und nationale Regulierer in einem Aufsichtsgremium ein Mitspracherecht haben. Für eine gewisse Zeit müsste die EZB wohl auch akzeptieren, dass die derzeit bestehenden Systeme der Zentralverwahrer parallel laufen. Über die beste Alternative entscheidet dann der Wettbewerb.
(Börsen-Zeitung, 20.2.2007)
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