Börsen-Zeitung: Schuss vor den Bug, Kommentar zu den Turbulenzen an den Finanzmärkten von Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots)
Äußerst unsanft ist die Party an den Aktienmärkten unterbrochen worden. Aus heiterem Himmel sind die Notierungen an den festlands-chinesischen Börsen mit Index-Einbußen von rund 9% in den freien Fall übergegangen und haben damit den Rest des Globus angesteckt. Vom Elan, mit dem der Dax am Vortag deutlich über 7000 geklettert war, war nichts mehr zu spüren. Der heftige Dämpfer hat das Blue-Chip-Barometer fast bis auf 6800 fallen lassen.
Wirklich überraschen kann der Rückschlag indes nicht. Nach den starken Kurssteigerungen der zurückliegenden Wochen war eine Korrektur überfällig. Es verwundert auch nicht, dass gerade die Bereiche heftig eingebrochen sind, die zuvor überproportional zugelegt und Überhitzungserscheinungen gezeigt hatten. So ist der heftige Einbruch des Shanghaier Composite Index vor dem Hintergrund zu verstehen, dass er zuvor in einem Jahr rund 130% gewonnen hatte. Im Inland wurden die Nebenwerte-Indizes mit ihren überproportionalen Verlusten Opfer ihrer vorangegangenen Outperformance gegenüber den Standardwerten.
Eine Korrekturbewegung bedeutet jedoch nicht zwangsläufig das Ende des globalen Bullenmarktes, der im März 2003 begann. Von den heiß gelaufenen Bereichen abgesehen sind Dividendentitel nach wie vor fundamental gut untermauert. Zwar expandieren die Weltwirtschaft und damit auch die Unternehmensgewinne langsamer, aber sie wachsen auf hohem Niveau eben weiter. Damit sind auch die Bewertungen an den Aktienmärkten der Industrieländer noch weit entfernt von jenem Niveau des Jahres 2000, dem der Absturz folgte.
Dennoch sind die Marktakteure gut beraten, die heftige Korrektur als Warnschuss wahrzunehmen. Denn die Aktienmärkte sind auch nicht mehr ausgesprochen günstig bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Dax auf Basis der Konsensschätzungen für 2007 liegt bei rund 13. Wird zusätzlich berücksichtigt, dass Änderungen in den Bilanzierungsregeln die ausgewiesenen Gewinne künstlich erhöht haben, ist die Bewertung im historischen Vergleich allenfalls durchschnittlich. Mit anderen Worten: Vom aktuellen Niveau aus führen deutliche Kurssteigerungen die Aktienmärkte in den anspruchsvoll bewerteten Bereich. Für die Investoren bedeutet dies, dass sie es nun mit merklich gestiegenen Risiken zu tun haben.
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