Börsen-Zeitung: Teure Eintrittskarte, Kommentar von Christopher Kalbhenn zu der von der Deutschen Börse geplanten Übernahme der International Securities Exchange
Frankfurt (ots)
Die geplante Übernahme der International Securities Exchange hat aus Sicht der Deutschen Börse zweifellos Charme. Denn die Akquisition wird dem Frankfurter Marktbetreiber zum direkten Einstieg in den US-Dollar-Derivatemarkt verhelfen. Anders als beim ersten Anlauf mit der Eurex US im Jahr 2004 muss das Unternehmen nicht mit einer Ausgangsliquidität von null starten und somit befürchten, erneut Schiffbruch zu erleiden. Im Gegenteil: Mit der New Yorker ISE erwirbt die Deutsche Börse bzw. die Eurex auf Anhieb einen Anteil am US-Optionsmarkt von 30%. Sie wird die zweitgrößte Spielerin des Marktes hinter der Chicago Board Options Exchange sein, bei Optionen auf einzelne Aktien sogar die Nummer eins.
Wahrscheinlich sind das nicht die einzigen Reize, die die ISE zu bieten hat. Vielmehr dürfte auch eine erhebliche Rolle spielen, dass die neue Führung der Deutschen Börse bzw. der Eurex nun einen großen Erfolg einheimst. Denn nach den vielen gescheiterten Versuchen gelingt voraussichtlich zum ersten Mal die Übernahme einer anderen Börse. Dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Börse, Reto Francioni, und dem CEO der Eurex, Andreas Preuß, würde es damit gelingen, in puncto Konsolidierung das Odium des Scheiterns und der vermeintlichen Perspektivlosigkeit abzustreifen.
Das mag auch eine Erklärung für die nicht ganz so schönen Aspekte der geplanten Akquisition sein. Die New Yorker Optionsbörse ist eine überaus teure Eintrittskarte in den US-Markt. Bei einem Preis von 67,50 Dollar pro ISE-Aktie errechnet sich unter Zugrundelegung der Gewinnschätzungen für das laufende Jahr ein üppiges Kurs-Gewinn-Verhältnis von 38. Für den kommenden Turnus ergibt sich mit 32 zwar eine moderate Bewertung. Diese steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass sich das hohe Ergebniswachstum auch tatsächlich fortsetzt.
Andererseits bleibt der Gesellschaft keine andere Wahl, als so hoch zu bieten. Schließlich sind die anderen US-Börsen ähnlich, teilweise sogar höher bewertet. Zu einem niedrigeren Preis wäre die Zustimmung der Anteilseigner der ISE nicht zu erhalten. Ob sich die neue US-Offensive letztlich rechnet, wird daher vom weiteren Wachstum des Marktes abhängen sowie davon, ob es dem Management langfristig gelingt, die avisierten zusätzlichen Synergien zu heben.
(Börsen-Zeitung, 1.5.2007)
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