Börsen-Zeitung: Lohn der Lohnmäßigung, Kommentar von Stephan Lorz zum Tarifabschluss in der Metallindustrie
Frankfurt (ots)
Mit der Vier vor dem Komma beim Tarifabschluss der Metallindustrie hat sich zwar letztlich die Industriegewerkschaft Metall durchgesetzt, aber das Ergebnis muss auch die Arbeitgeber nicht schrecken. Es hätte schlimmer kommen können. Immerhin wurden Streiks vermieden. Die damit einhergehenden Produktionseinbußen hätten deutlich höhere Kosten verursacht als die paar Zehntelpunkte mehr, mit denen sich die Arbeitgeber in den Verhandlungen auf die Gewerkschaft zubewegt haben.
Außerdem geht es der Branche bombig. Die Auftragsbücher sind prall gefüllt, die Gewinne sprudeln und zunehmend haben die Unternehmen bereits Probleme, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Aufs Kalenderjahr hochgerechnet ergibt sich aus den Tariferhöhungen, Einmalzahlungen und dem Konjunkturzuschlag denn auch unter den obwaltenden konjunkturellen Umständen ein durchaus moderates Lohnplus von 3,9% im laufenden und 2,0% im nächsten Jahr. Wobei die unterschiedlichen Jahresbelastungen bereits signalisieren, dass man für das laufende Jahr, dessen Ergebnis in den Auftragsbüchern quasi schon vorbestimmt ist, deutlich optimistischer zu Werke geht als für 2008. Diese Vorsichtshaltung im Zusammenhang mit der langen Tariflaufzeit von 19 Monaten gibt den Unternehmen Planungssicherheit.
Die Lohnerhöhung liegt angesichts von Produktivitätsgewinnen von 7,2% im Jahr 2006 und 7,9% allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres noch innerhalb des Verteilungsspielraums der Branche. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt, und es bleibt Raum für Neueinstellungen. Dass eine Lohnerhöhung von nominal 4,1% die Branche nicht gleich in die Knie zwingt, dazu haben die Metallbeschäftigten mit ihrer jahrelangen Lohnzurückhaltung schließlich selber viel beigetragen, mit der Folge, dass die Lohnstückkosten kräftig zurückgegangen sind. Nun können die Metaller den Lohn für ihre Lohnmäßigung einfahren.
Einen Schönheitsfehler aber hat der Abschluss: Die vielfach geforderte Flexibilisierung der Tariflohnerhöhung ist nicht erreicht worden. Ertragsschwachen Unternehmen wird allenfalls gestattet, Tariferhöhung und Konjunkturzuschlag für 2008 um einige Monate zu verschieben. Besser wäre es gewesen, grundsätzlich eine Schwankungsbreite zu verabreden, um den Abschluss auf Betriebsebene anzupassen.
(Börsen-Zeitung, 5.5.2007)
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