Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 21. Juni 2010 das Einreiseverbot für Entwicklungshilfeminister Niebel in den Gaza-Streifen:
Bremen (ots)
Selbst-Isolation
von Joerg Helge Wagner Das muss man der israelischen Regierung unter Benjamin Netanjahu lassen: Es mangelt ihr nicht an Konsequenz. Doch wie jede Ganz-oder-gar-nicht-Politik führt auch ihre Haltung im Gaza-Konflikt ins Abseits. Denn im Gegensatz zu den verhinderten maritimen Blockadebrechern ist Dirk Niebel nicht irgendein blauäugiger linker Friedensromantiker, der sich aus einem anti-imperialistischen Reflex vor den Karren dubioser islamistischer Hilfsorganisationen spannen lässt. Als Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit repräsentiert er im Nahen Osten Israels zweitwichtigsten Verbündeten. Da er zudem Vizepräsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft ist, müsste auch dem härtesten Hardliner in Netanjahus Kabinett klar sein, dass sich dieser Mann ganz bestimmt nicht für die Propaganda der islamistischen Terrortruppe Hamas einspannen lässt. Umgekehrt wäre ein Schuh daraus geworden: Niebel bei der Einweihung eines von Deutschland finanzierten Klärwerks in Gaza - da hätte die Hamas ihren Anhängern erklären müssen, weshalb sie die Hilfe von ausgewiesenen Freunden Israels annehmen muss. Alle nachgeschobenen Erklärungen des Außenministeriums in Jerusalem lassen die Zweifel an seiner Unnachgiebigkeit nur wachsen. Niebels Besuch in Gaza würde die rechtmäßige Palästinenserführung im Westjordanland gegenüber der Hamas schwächen, wird behauptet. Dabei kam Niebel ja gerade aus Nablus, wo er ein ähnliches Projekt wie in Gaza gemeinsam mit Palästinenserpräsident Abbas gestartet hatte. Zudem hatte Niebel ausdrücklich angegeben, in Gaza keinesfalls Hamas-Mitglieder treffen zu wollen. Nein, Netanjahus Gaza-Politik ist schlicht gescheitert. Sie schwächt nicht die Hamas, sondern den Rückhalt für Israel bei seinen Verbündeten. Deren ranghohe Vertreter werden künftig wohl einfach über das ägyptische Rafah nach Gaza reisen, um sich ein eigenes Bild von der Lage der Menschen dort zu machen. joerg-helge.wagner@weser-kurier.de
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