Weser-Kurier: Kommentar zur Urlaubsstaffelung nach Alter
Bremen (ots)
Das Bundesarbeitsgericht hat ein ebenso bahnbrechendes wie folgerichtiges Urteil gefällt. Darin wird ab sofort gefordert, dass Beschäftige nicht wegen ihres Alters benachteiligt werden dürfen. Also muss konsequent umgesetzt werden, was im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz bereits seit 2006 geregelt ist. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur dann erlaubt, wenn "sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt" sind. Das jedoch konnten die Erfurter Richter im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nicht feststellen. Viel zu groß ist dort nämlich die Staffelung von Urlaubstagen, viel zu willkürlich die drei Altersgruppen, für die die Staffelung gilt. Die Richter konnten deshalb nicht erkennen, warum Beschäftigte bis zum vollendeten 30. Lebensjahr nur 26 Tage Urlaub erhalten. Zumal die bis zu 40-Jährigen 29 Tage und die über 40-Jährigen 30 Urlaubstage bekommen. Dem "legitimen Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen", so die Begründung des Gerichts, werde dieser Tarifvertrag nicht gerecht. Die Folge: Allen TVöD-Beschäftigten müssen nun 30 Urlaubstage gewährt werden. Durch das Urteil wird das Tarifgefüge im gesamten öffentlichen Dienst kräftig durcheinandergewirbelt, denn nach ersten Rechnungen können nun 850.000 der rund 2,7 Millionen Beschäftigten des Bundes und der Kommunen mehr Urlaub einfordern. Hinzu kommt, dass auch die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) die Umsetzung des Urteils für ihre unter 40-jährigen Beschäftigten einfordert. Zur TdL gehören rund 800.000 Angestellte. Und das ist noch nicht alles: Eventuell kann der neue Urlaubsanspruch sogar rückwirkend geltend gemacht werden. Das heißt: Beschäftigte könnten für das Jahr 2011 noch die ihnen nun zugesprochenen zusätzlichen Urlaubstage einfordern oder dafür einen finanziellen Ausgleich verlangen. Wie auch immer die genaue Regelung ausfallen wird - für Bund, Länder und Kommunen ist das Urteil eine bittere Pille. Die Finanzierung des öffentlichen Dienstes wird durch zusätzliche Urlaubstage erschwert. Den Gewerkschaften Verdi und Deutschem Beamtenbund wird das egal sein. Sie haben die alte Urlaubsstaffel ohnehin nicht mehr für akzeptabel gehalten. Der Arbeitsalltag gibt ihnen recht - unter Personalabbau und Arbeitsverdichtung leiden jüngere wie ältere Beschäftigte.
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