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Weser-Kurier: Über Ägyptens neuen Staatschef Mursi schreibt der "Weser-Kurier" in seiner Ausgabe vom 2. Juli 2012:

Bremen (ots)

Der Anfang war schon nicht schlecht. Mohamed Mursi scheint es ernst mit dem Vorsatz, ein Bürgerpräsident sein zu wollen. Zähneknirschend gab er zwar dem Diktat der Militärs nach, seinen Amtseid im Verfassungsgericht zu schwören. Aber am Abend zuvor hatte er seine eigene Show am Tahrir. Der Platz im Herzen Kairos gilt als Epizentrum der Proteste gegen das Mubarak-Regime. Da das Parlament aufgelöst wurde, lag es also nahe, das Treffen zwischen Präsident und Volk dort stattfinden zu lassen. Mursi schwor, dass auch künftig alle Macht vom Volke ausgehen werde, eine zutiefst demokratische Formel. Dann zog er seine Anzugjacke aus und zeigte den anwesenden Massen, dass er keine kugelsichere West trug wie so manch andere Staatschefs. Soll heißen: "Ich bin einer von euch." Unter seinem Vorgänger Mubarak wäre dies undenkbar gewesen. Später in seiner Rede an der Kairo Universität entschuldigte er sich bei den Studenten, dass sie seinetwegen ihre Examensarbeiten um zwei Tage verschieben mussten. Ebenfalls undenkbar unter Mubarak. Dass Mursi kein leichtes Spiel haben wird, liegt auf der Hand. Zu viele Faktoren stehen seinem Erfolg im Weg. Und es sind nicht nur die Militärs, auf die er ständig Rücksicht nehmen muss, damit sie ihm nicht den Hahn zudrehen. Es ist die Protestbewegung, deren Stimme lauter wird, dass er die Revolution gestohlen habe und sich jetzt anmaße in ihrem Namen zu sprechen. Tatsächlich haben die Muslimbrüder lange gezögert, an den Protestmärschen vom Januar 2011 teilzunehmen. Erst als schon Hunderttausende auf der Straße waren, riefen sie auch dazu auf. Mursi weiß das und hat versprochen, Vertreter der Bewegung mit in die neue Regierung einzubinden. Doch die größte Hürde könnte aus den eigenen Reihen kommen. Die Hardliner hinter ihm sehen sich jetzt am Ziel, einen Islam nach ihrem Gutdünken verwirklichen zu können. Es bleibt zu hoffen, dass sich die liberalen und säkularen Kräfte, von denen es in Ägypten ziemlich viele gibt, organisieren und gegen die Fundamentalisten aufstehen. Einen Vorgeschmack gab es schon vor der Stichwahl zum Präsidentenamt, als ein Imam in einer Moschee in Alexandria zur Wahl des Muslimbruders aufrief. Unter lautem Prostest verließen einige Gläubige das Gebetshaus. <QM>

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