Weser-Kurier: Kommentar zur Verteilung von Organspenden
Bremen (ots)
Die neuen Informationen über den Umgang mit Spenderorgangen in Deutschland zeigen: Es sind keine Ausnahmefälle - wie aktuell in Göttingen und Regensburg -, die das Vertrauen in das System der Organspende zerstören. Wenn fast jedes vierte gespendete Herz und sogar jede zweite Bauchspeicheldrüse an der offiziellen Warteliste vorbei vergeben werden - und diese eigentlich für Ausnahmen vorbehaltene Möglichkeit offenbar die Regel in Transplantationszentren ist - dann machen sich nicht nur einzelne Ärzte schuldig. Denn das Wirken der Transplantationsmediziner, das "Kränkermachen" von Organen, um das System der Organverteilung zu unterlaufen, dürfte Klinikleitungen und Ärztekollegen nicht verborgen geblieben sein. Die Warteliste der Organisation Eurotransplant hat eine ganz klare Absicht: Schwerkranke Menschen, die dringend ein Spenderorgan benötigen, stehen ganz oben. Für sie kann jeder weitere Tag den Tod bedeuten. Alle acht Stunden stirbt in Deutschland ein schwerkranker Mensch, weil er ein lebensrettendes Spenderorgan nicht rechtzeitig bekommen hat. Die durchschnittliche Wartezeit auf Herz, Niere oder Leber beträgt rund sieben Jahre. All dies ist Ärzten in der Transplantationsmedizin bekannt. Sie versorgen täglich Patienten, für die es um Leben und Tod geht. Und sie sind es, wie jetzt bekannt geworden ist, die nach eigenem Gutdünken auswählen, wer ein Spenderorgan verdient hat und wer nicht. Ein Skandal. Ihr selbstherrliches Wirken hat für den größtmöglichen Schaden gesorgt, indem sie das ohnehin brüchige Vertrauen in das System der Organspende zerstört haben. Indem Labordaten manipuliert wurden. Indem sie den Tod schwerkranker Menschen einkalkuliert haben, die dringender auf ein Spenderorgan angewiesen wären als die von ihnen ausgewählten. Das gesamte System muss jetzt reformiert werden. Den Ärzten muss bei ihrem Tun¨ auf die Finger geschaut und mit wirksamen Sanktionen gedroht werden. Denn: Organspende beruht auf Vertrauen. Ist dieses nicht vorhanden, kostet das Leben.
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