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Weser-Kurier: Zur Regierungsbildung in Italien schreibt der Bremer WESER-KURIER:

Bremen (ots)

Enrico Letta ist der richtige Mann im richtigen Moment. Weil der stellvertretende Parteichef der Mitte-Links-Partei PD eine politische Persönlichkeit ist, die niemandem so richtig weh tut, wird auch ihm niemand wehtun. Das ist zumindest die Hoffnung, die Staatspräsident Giorgio Napolitano mit seinem Auftrag zur Regierungsbildung an den Politiker verbindet. Doch klar ist auch: Letta ist ein Kompromisskandidat. Er ist der kleinste gemeinsame Nenner in einer weiterhin verfahrenen politischen Situation. Regierungen haben in Italien nie eine besonders lange Haltbarkeit gehabt. Kompromisslösungen wie die um Letta sind naturgemäß noch schneller zum Scheitern verurteilt. Noch entfaltet die Bedingung, die der Staatspräsident für seine Wiederwahl gestellt hat, gehörigen Druck. Die politischen Kräfte, die sich in den vergangenen Monaten und im Wahlkampf regelrecht zerfleischt haben, sind zur Zusammenarbeit gezwungen. Ansonsten droht Napolitano mit Auflösung des Parlaments und Rücktritt. Doch sobald es konkret wird, treten die alten Brüche wieder hervor. Mario Monti, der als Minister der künftigen Regierung gehandelt wird, kann kaum der von Silvio Berlusconi versprochenen Abschaffung der Immobiliensteuer zustimmen, die seine Regierung eingeführt hat. Letta selbst muss jedem Versuch Berlusconis widerstehen, sich durch die Regierungsbeteiligung persönliche juristische Garantien zu verschaffen. Sonst ist seine politische Glaubwürdigkeit dahin. Längst hat hinter den Kulissen das Hauen und Stechen um Posten und Positionen begonnen. Angesichts der schweren Parteikrise der Sozialdemokraten ist Berlusconi der stärkste politische Pol. Er wird dies zu seinen Gunsten auszunutzen versuchen. Doch nicht nur der Ex-Premier entfaltet Druck auf den designierten Regierungschef. Letta muss den Kräften der eigenen Partei standhalten, die in alle mögliche Richtungen strebt und die Orientierung verloren hat. Außerdem hat er sich unnötig schnell mit einem anderen mächtigen Gegner angelegt: Die Forderung, die EU müsse weniger eine Politik der Sparsamkeit verfolgen, sondern für mehr Wachstum sorgen, kann in Berlin nicht auf bedingungslose Zustimmung stoßen. Die italienische Politik hat in den vergangenen Wochen erneut viel Kredit verspielt. Sie muss die eigenen Probleme in den Griff bekommen, bevor sie Forderungen stellt. Letta hat viel zu tun. Gute Perspektiven hat er nicht.

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