Weser-Kurier: In der Zwickmühle Zum Verhältnis zwischen den USA und Ägypten
Bremen (ots)
Wieder einmal steckt Barack Obama in einer nahöstlichen Zwickmühle. Diesmal ist es das ägyptische Dilemma, das ihn zum Statisten stempelt, zum hilflosen Zuschauer, der schon den arabischen Frühling nur am Spielfeldrand verfolgte, der mit dem autokratischen Husni Mubarak einen alten Verbündeten Amerikas ziehen ließ und später, als Syrien im Strudel des Bürgerkrieges versank, lange nur abwarten konnte. Die Geschehnisse am Nil stellen ihn vor einen neuen Balanceakt. Da stürzt eine von den USA finanzierte und bewaffnete Armee einen Präsidenten, der sein Amt der ersten demokratischen Wahl in der Geschichte Ägyptens verdankt. Nicht nur das: Mit Mohammed Mursi verband Obamas Riege die Hoffnung auf eine historische Wende im Verhältnis zu den Islamisten der arabischen Welt. Allein die Verantwortung des Regierens würde dogmatische Prediger im Laufe der Zeit schon mäßigen, aus Ideologen mit Glaubenssprüchen auf den Lippen Pragmatiker mit Augenmaß werden lassen, war das Kalkül. Im Gazastreifen würde die Hamas, der palästinensische Zwilling der ägyptischen Muslimbrüder, irgendwann auf die Aussöhnung mit Israel einschwenken. In einem Syrien nach Assad wären Islamisten an der Macht beteiligt, ohne dass im Westen gleich schrille Krisenszenarien kursierten. Das alles verknüpfte sich aus amerikanischer Sicht mit dem Experiment Mursi. Und obwohl es millionenfache Proteste waren, die Ägyptens Militär in seinem Handeln bestärkten, obwohl Mursi auf den Spuren des Autokraten Mubarak zu wandeln begann, ein Putsch bleibt ein Putsch. Insgeheim mag Obama froh sein über den erzwungenen Wandel. Die Generäle, aus Sicht des Weißen Hauses sind sie bekannte Größen. Etliche haben ihr Handwerk an amerikanischen Militärakademien erlernt, das Pentagon pflegt engste Kontakte zu ihnen. Wenn Washington überhaupt noch Einfluss auf die Geschicke Ägyptens nehmen kann, dann über die Armee. Allerdings, schwerer als kurzfristige geopolitische Interessen wiegt das Prinzip, soll der alte Zynismus des Kalten Krieges nicht ein fatales Comeback feiern. Auf absehbare Zeit kann kein amerikanischer Präsident mehr glaubhaft das zarte Pflänzchen arabischer Demokratie beschwören, wenn das Oval Office in dem Moment applaudiert, da eine Armee das Ergebnis eines einwandfrei demokratischen Votums faktisch für ungültig erklärt. Das heißt, Obamas eigentlicher Test steht noch aus. Er muss zeigen, dass er es ernst meint, wenn er die Generäle in Kairo ermahnt, schnellstmöglich den Weg zu Neuwahlen zu ebnen.
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