Weser-Kurier: Zum Börsengang von Twitter schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 5. Oktober 2013:
Bremen (ots)
Am vergangenen Donnerstag ging ein Bild in rasender Geschwindigkeit um die Welt: Es zeigte einen Polizisten, der sich mit seinem Gewehr vor dem US-Kapitol in Position gebracht hatte. Verbreitet wurde es über den Kurznachrichtendienst Twitter - lange bevor andere Fotografen vor Ort waren, um die Amokfahrt einer Frau zu dokumentieren. Dies ist nur eines der vielen Beispiele, das verdeutlicht, welchen Stellenwert Twitter mittlerweile hat: Heute gehört der Nachrichtendienst zu den schnellsten Informationsmedien. Nach Unternehmensangaben schreiben seine Nutzer 500 Millionen der sogenannten Tweets - täglich. Kaum verwunderlich, dass das Unternehmen seinen anstehenden Börsengang mit überbordendem Selbstbewusstsein plant. Doch ist dieses Selbstbewusstsein angebracht? Nach derzeitigem Stand der Dinge: nein. Zu präsent sind noch die Erinnerungen an den Sturzflug der Facebook-Aktie. Fest steht: Auch wenn der Wert von Twitter auf etwa 7,4 Milliarden Euro geschätzt wird und die Umsätze stetig wachsen, schreibt das Unternehmen seit Jahren tiefrote Zahlen: Allein im ersten Halbjahr 2013 lag der Verlust unter dem Strich bei 69 Millionen Dollar - und war damit knapp eineinhalb Mal so hoch wie noch im Vorjahreszeitraum. Zwar ist die Börse ein Ort, wo andere Gesetze gelten: Hier werden Zukunftsprognosen und Erwartungen gehandelt. Und die Prognosen bescheinigen Twitter eine goldene Zukunft. Dennoch lohnt der Vergleich mit Facebook: Im Gegensatz zu Twitter war das Soziale Netzwerk bei seinem Börsengang bereits profitabel. Zudem hat Facebook gut vier Mal so viele Nutzer wie der Kurznachrichtendienst. Und trotzdem schmierte die Facebook-Aktie zunächst ab, denn die Anleger hatten Zweifel an der mobilen Strategie des Internet-Konzerns. Twitter will sich gegen diese Vorbehalte gewappnet haben. Es kaufte Mo-Pub, eine Plattform für Anzeigen im Internet. Aber ob allein das schon ausreicht, darf bezweifelt werden. Schließlich ist der Nachrichtendienst noch immer zu stark vom US-Markt abhängig. Dort werden rund 75 Prozent der Umsätze erwirtschaftet. Und weil Twitter auf ein rasches Reichweitenwachstum setzt, sanken die Erlöse pro Anzeige allein im zweiten Quartal um 46 Prozent. Viele Anleger dürften also gewarnt sein. Und die Skepsis ist angebracht. Zumindest vorerst.
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