Weser-Kurier: Zum Parteitag der niedersächsischen Grünen schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 4. November 2013:
Bremen (ots)
Realo oder Fundi? Das war gestern. Heute heißt es einfach nur Regierung. Niedersachsens Grüne haben sich ganz brav den Realitäten gebeugt und sich überraschend eindeutig zum Bündnis mit der SPD bekannt. Keine Rebellion gegen längere Arbeitszeiten für Lehrer, kein Krawall in der Frage des Autobahnbaus, kein Aufmucken gegen den früher so verhassten Verfassungsschutz. Auf der Landesdelegiertenkonferenz in Celle hatte die Parteispitze im engen Zusammenspiel mit der grünen Landtagsfraktion ihre Basis fest im Griff. Die Absprachen hinter den Kulissen funktionierten, die Appelle an das Verantwortungsbewusstsein fruchteten. Die Niedersachsen-Grünen haben Gefallen an der Macht gefunden, das setzt man für die reine Lehre nicht so ohne weiteres aufs Spiel. Das mögen Außenstehende als langweilig oder handzahm kritisieren; die einstige Alternativ-Partei jedenfalls beweist damit Verlässlichkeit und Regierungsfähigkeit. CDU und FDP im Land sollten daher nicht auf ein vorzeitiges Ende der rot-grünen Koalition spekulieren. Auf einem Feld allerdings pflegten die Grünen dann doch noch ihr linkes Profil. In der Europa-Politik mit ihrer aus Niedersachsen stammenden Spitzenkandidatin Rebecca Harms. Dort müssen sie zwar keine Rücksichten auf Bündnispartner nehmen. Mit klaren Forderungen nach mehr Menschlichkeit gegenüber Flüchtlingen, nach einer radikalen Agrarwende oder nach europaweiten Steuern für Vermögen und Finanzspekulationen heben sie sich aber deutlich von der amtierenden Bundesregierung und auch der sich abzeichnenden großen Koalition in Berlin ab. Dabei bekennen sich die Grünen deutlich zu einem solidarischen Europa, das auch die schwächeren Mitglieder mitnimmt. Sie setzen so ein Signal gegen Ab- und Auflösungstendenzen in der Staatengemeinschaft und präsentieren sich damit als wohltuende Alternative gegen populistische Anti-EU-Parteien.
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