Weser-Kurier: Zum Fall Uli Hoeneß schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 5. November 2013:
Bremen (ots)
Uli Hoeneß muss vor Gericht, das ist nun Gewissheit. Er muss sich verantworten, weil er Steuern in Millionenhöhe hinterzogen hat - und weil seine unvollständige Selbstanzeige unwirksam war. Der wichtigsten Persönlichkeit des deutschen Fußballs der vergangenen Jahrzehnte droht damit bei einer Verurteilung ein Strafmaß, das sich zwischen einer Geld- und einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bewegt. Läuft es glimpflich, kann der 61-Jährige auch mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Eine gute Nachricht wäre aber auch das nicht. Nicht für seinen Verein, den FC Bayern München. Und auch nicht für den Fußball in Deutschland, der sich gerade auf eine Welle von Steuerprüfungen einstellt. Fast jede dritte Steuererklärung von Bundesliga-Kickern soll nicht vollständig sein, berichtet das Fernsehmagazin "Sport inside." Ob sich das bewahrheitet oder nicht: Die Glitzerwelt ist nicht so heile, wie sie scheint. Und Hoeneß steht an der Spitze einer Branche, in der mit Milliarden jongliert - und in der nicht selten getrickst wird, nicht nur auf dem Spielfeld. All das ahnt das Publikum schon lange. Was es nun zur Kenntnis nehmen muss: Vergehen stören die Beteiligten nicht - und auch nicht ihre Kontrolleure. Hoeneß wird gestützt, sogar für den Fall einer Verurteilung hat der FC Bayern schon darauf hingewiesen, dass er Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender bleiben könne. Das ist offenbar auch der Plan, der wohl nur von einer Gefängnisstrafe durchkreuzt werden würde. Zugleich stellt sich die Frage, wie der Aufsichtsrat der FC Bayern München AG seine Aufgabe versteht. In diesem Gremium sitzen acht Herren, die in Wirtschaft, Politik und Medien in der Champions League spielen oder einmal gespielt haben. Doch in ihrer Wächterfunktion fallen sie mit einer befremdlichen Aussitztaktik auf. Wenn es zu einer Anklage komme, müsse man die Lage neu bewerten, hieß es zwischenzeitlich. Nun baut man Hoeneß bereits Brücken für den Fall einer Verurteilung. Menschlich ist das lobenswert. Bloß man ahnt: Darum geht es in erster Linie wohl gar nicht, sondern ebenfalls darum, sich zum Beispiel als Sponsor Vorteile zu verschaffen. Das macht auch diese Vorbilder verdächtig.
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