Weser-Kurier: Kommentar von Frank Herrmann zur Spionageaffäre
Bremen (ots)
Es ist Barack Obamas übliches Verhaltensmuster, aber jetzt wirkt es umso irritierender. Die deutsch-amerikanische Beziehungswelt erlebt schwere Turbulenzen, und wie reagiert der Mann im Oval Office? Er selbst hüllt sich in Schweigen, seinen Sprecher lässt er Worthülsen verlautbaren. Es gab Zeiten, da hat man den Rechtsprofessor aus Chicago für seine Umsicht gelobt, für die Art, die Fakten zu studieren, Pro und Contra gründlich abzuwägen. Das war Teil des Anti-Bush-Reflexes, dem der Blitzstarter seinen ersten Wahlsieg verdankte. Was war die Welt froh über einen US-Präsidenten, der nachdachte, bevor er etwas sagte! Das Bild hat sich gewandelt: Zur Debatte stehen nun die Managementqualitäten des Mannes an der Spitze. Es geht um das Handwerk des Regierens: Hat der Commander-in-Chief seinen Laden überhaupt noch im Griff? Wenn er wissen wolle, wie Angela Merkel denke, brauche er sie nur anzurufen, hat Obama gesagt. Nimmt man den Satz ernst, scheint er die Dinge ähnlich zu sehen wie die Kanzlerin: Verbündete auszuhorchen ist Zeitverschwendung. Damit drängt sich die Frage auf, was alles schiefläuft, wenn die CIA konterkariert, was das Oval Office zur Maxime erklärt. Führen die Schlapphüte ein Eigenleben? Entziehen sie sich politischer Kontrolle? Man kann sogar annehmen, dass nicht mal der CIA-Direktor genau im Bilde war über das Treiben seiner Berliner Agenten. Doch das ist reine Spekulation. John Brennan war Obamas oberster Anti-Terror-Berater, bevor er in die Geheimdienstzentrale nach Langley wechselte. Obama hat ihn gleichsam entdeckt, nachdem er unter Bush - jedenfalls beschreibt Brennan das so - in der CIA mit ihren Foltergefängnissen für Terrorverdächtige in eine Art inneres Exil gegangen war. Kaum vorstellbar, dass Brennan seinen Präsidenten im Dunkeln tappen ließ. Was dann aber wiederum heißen würde: Auch der Spionagechef hat die Kontrolle über sein Imperium verloren. Falls dem so ist, summiert es sich zu einem Kompendium der Peinlichkeiten.
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