Weser-Kurier: Zur EU-Konjunkturprognose schreibt Christopher Ziedler:
Bremen (ots)
Das Versprechen, direkter zu kommunizieren, hat die neue EU-Kommission gleich an ihrem zweiten Arbeitstag erfüllt: Vom Zweckoptimismus und den Weiter-so-Parolen der Vorgänger ist bei der Vorstellung der jüngsten Konjunkturprognose wenig zu spüren gewesen. Die Botschaften waren eindeutig: Wird politisch nicht gegengesteuert, droht eine mit voller Wucht neu aufflammende Eurokrise. Und um das neue Sorgenkind Frankreich ist es noch schlechter bestellt als bisher angenommen. Es rächt sich nun, dass die Politik die Zeit kaum genutzt hat, die mit den umstrittenen Mitteln der Europäischen Zentralbank "gekauft" wurde. Finanzregulierung, Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, Reform der Währungsunion - vieles wurde angepackt, wenig konsequent zu Ende geführt. Gelähmt wurde die Gemeinschaft nicht zuletzt durch das ideologische Gegeneinander von Spardiktaten und Konjunkturspritzen, statt eine pragmatische Wirtschaftspolitik mit beiden Elementen zu betreiben. Jene, die der EU die Pest an den Hals wünschen, können derzeit genüsslich deren Hilflosigkeit beobachten. Für jene aber, die den Euro als verteidigenswerte Errungenschaft sehen, ist es nun höchste Zeit zum Handeln. Das gilt für Frankreich, das ernst machen muss mit Sparen und Reformieren. Und für Deutschland, das den Spielraum für Investitionen hat. Der abgebügelte Vorschlag aus Paris, 50 Milliarden Euro zu sparen, sollte Berlin 50 Milliarden Euro mehr ausgeben, mag auf den ersten Blick kindisch erscheinen. Im Prinzip aber steckt dahinter das, was Europa braucht: eine abgestimmte Wirtschaftspolitik. Große Hoffnungen ruhen nun auf dem 300-Milliarden-Investitionspaket, das die EU-Kommission bis Weihnachten vorlegen will. Hier scheint die Bundesregierung angesichts der Flaute umzudenken, wenn sie auch zu Recht ein Anzapfen des Eurorettungsfonds abgelehnt hat. Das Grundkapital der Europäischen Investitionsbank aufzustocken oder den langfristigen EU-Haushaltsrahmen großzügiger auszustatten, geht in die richtige Richtung. Im Gegenzug freilich muss auch Frankreich seinen Teil der Abmachung einhalten - sonst wird es wirklich duster.
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