Weser-Kurier: Kommentar von Norbert Holst über den Sacharow-Preis
Bremen (ots)
Das EU-Parlament sendet mit der Verleihung des Sacharow-Preises eine starke Botschaft aus: Die westlichen Staats- und Regierungschefs dürfen bei den Menschenrechtsverletzungen des mittelalterlichen Regimes in Saudi-Arabien nicht länger wegschauen. Die Verleihung des Menschenrechtspreises an Raif Badawi ist mutig und konsequent. Das einzige "Vergehen" des saudischen Bloggers: Er hat sich für Meinungsfreiheit und religiöse Toleranz stark gemacht. Das ist schon zu viel für das mittelalterliche Regime in Riad. Badawi wurde zunächst zum Tode, dann zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockschlägen verurteilt. Hinrichtungen und Terrorurteile sind in Saudi-Arabien alltäglich. Das Land kennt kein Strafgesetzbuch. Die Scharia ist das Gesetz - in ihrer extremen Interpretation. Grausame Strafen, wie sie auch die Terroristen des Daesch praktizieren. Der Autor Kamel Daoud bringt die Parallelen zwischen Daesch und Saudi-Arabien auf den Punkt: "Ersterer schneidet Kehlen durch, mordet, steinigt, schlägt Hände ab, zerstört das Menschheitserbe, verachtet Frauen und Nichtmuslime. Letzterer ist besser angezogen und gepflegter, tut aber das gleiche." Mächtige Clans aus Saudi-Arabien gelten als Strippenzieher und Finanziers des radikalen Islamismus - weltweit. Dennoch sehen viele westlichen Regierungen in den Scheichs Partner und Stabilitätsgaranten. Deutschland zum Beispiel hat wiederholt Waffenexporte genehmigt. Diese Blauäugigkeit hat sich gerächt: Die Saudis haben den Daesch befördert, in Jemen befeuern sie den Bürgerkrieg. Erst kürzlich hat der Bundesnachrichtendienst vor einer "impulsiven Interventionspolitik" Riads gewarnt. Bemerkenswert für eine Behörde, die eigentlich die Öffentlichkeit scheut. Bemerkenswert auch die Reaktion der Bundesregierung: Sie hat den BND zurückgepfiffen. Gewiss ist ein Frieden im arabischen Raum ohne die Saudis nicht möglich. Ein Grund für vorauseilenden Gehorsam ist das nicht.
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