Weser-Kurier: Kommentar von Olaf Dorow über Werders Krisenmanagement
Bremen (ots)
Viktor Skripnik ist stark genug, um Werder zu retten. Um der Trainer zu sein, dem es gelingt, die fatale Spirale zum Stoppen zu bringen. Um trotz der aktuell schlechtesten Bremer Punkteausbeute der Bundesliga-Geschichte, um trotz einer beispiellosen Gegentor-Serie seine Mannschaft zum Klassenerhalt zu führen. Eineinhalb Tage hat Werders Geschäftsführung benötigt, bis sie zu dieser Erkenntnis gelangte. Bis sie sich ohne Wenn und Aber öffentlich zu Skripnik bekannte. Am Sonnabend, nach diesem verhängnisvollen 1:2 gegen schwache Augsburger, sagte Sportchef Thomas Eichin, wie sehr er unter Schock stehen würde und dass er jetzt nichts ausschließen wolle. Am Sonntag sagte Eichin, dass man an Skripnik festhalten, aber auch über ihn diskutieren wolle. Eichin vollbrachte das Kunststück, seinen Trainer zu stärken und trotzdem zu schwächen. Erst am Montag folgte die klare Botschaft: Jawohl, Skripnik ist unser Mann. Überzeugend wirkt das nicht. Dafür kommt das Bekenntnis ein bisschen sehr spät. Einen ohnehin schon angeschlagenen Trainer erst mal 36 Stunden lang zur Disposition zu stellen, ehe er die uneingeschränkte Rückendeckung bekommt - das kann nicht als kluges Krisenmanagement durchgehen. Die Entscheidung pro Skripnik hat, weil sie mit solcher Zeitverzögerung kommt, an Glaubwürdigkeit verloren statt gewonnen. Sie hat es Skripnik noch schwerer gemacht. Sie weitet auch den Raum für Spekulationen: Vielleicht vertraut Werder Skripnik ja doch nicht, sondern hat nur schlicht so schnell keinen Ersatz gefunden. Der Versuch, es weiter mit Viktor Skripnik zu versuchen - und nicht zum allerletzten Mittel des Trainerwechsels zu greifen - er ist doch ohnehin schon gewagt genug. Der Mann, dessen Team am Sonnabend sozusagen die zwei heftigsten Wirkungstreffer der Saison einstecken musste, steht mit diesem angeknockten Team sowieso vor einer Herkulesaufgabe. Bewältigt sie Skripnik, muss man sagen: Chapeau. Und: Hätten wir nicht gedacht. Bewältigt er sie nicht, wird man aber sagen dürfen: Haben wir doch gewusst. Da hat Werder alles falsch gemacht. Auch in der Trainerfrage.
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