Weser-Kurier: Kommentar von Joerg Helge Wagner über den Anschlag in München
Bremen (ots)
Schon wieder! Schon wieder? Ja, denn kaum etwas spricht gegen die Annahme, dass Terroristen nun auch in München zugeschlagen haben. Wahllos wurde auf Passanten geschossen - offenbar in der Absicht, möglichst viel Blut zu vergießen. Das war kein Rockerkrieg, keine Auseinandersetzung unter Dealern oder Zuhältern. Am Freitagabend, im Münchener Olympiazentrum, wurden wir alle angegriffen. Genau so wie in Paris, Brüssel, Nizza, Würzburg. Und es wird auch "nach München" nicht vorbei sein. Wer das kurze Video gesehen hat, in dem einer der Attentäter vor einem Schnellrestaurant auf völlig arglose, ihm entgegenkommende Passanten schießt, wird dies in seiner ganzen Brutalität begreifen. Alle wohlfeilen Wahrscheinlichkeitsrechnungen, nach denen man ja angeblich eher an einem Insektenstich als an durch einen Anschlag stirbt, sind Makulatur. Es kann jeden treffen, überall: im Regionalexpress, im Einkaufscenter, in der Diskothek, am Strand... Der Ausnahmezustand ist längst eingetreten. Ob er nun noch offiziell ausgerufen wird, ist gleichwohl mehr als reine Formsache. Wir werden dann nicht nur mehr bewaffnete Uniformierte auf den Straßen sehen - die Sicherheitskräfte werden auch mehr Rechte haben. Kontrollen ohne konkreten Anlass werden sich häufen. Es wird eher junge Männer mit dunklem Teint und Vollbart treffen als Rentner oder Frauen mit Kinderwagen. Aber die Sicherheit von Letzteren geht vor. Ja, die Atmosphäre ist vergiftet, aber wir haben dieses Fass nicht aufgemacht. Nichts, absolut gar nichts rechtfertigt Anschläge auf Zivilisten. Suchen wir nach den Tätern, nicht nach ihren vorgeschobenen Gründen! Schon jetzt fordert die Polizei, keine Videos oder Bilder online zu stellen, die den Tätern Informationen über ihre Taktik geben könnten. Gesetze, die die Polizei- und Geheimdienstarbeit erleichtern - und jene der Medien erschweren - sind absehbar. Wir werden damit leben müssen - zumindest so lange, bis diese in jeder Hinsicht menschenfeindliche Bedrohung abgewehrt ist.
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