Weser-Kurier: Kommentar von Joerg Helge Wagner über Staatsbürger und Wahlkämpfe
Bremen (ots)
Eine knappe Mehrheit auf einem CDU-Parteitag ist noch lange keine knappe Mehrheit im Bundestag - schon gar nicht für eine Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft. Natürlich wird Kanzlerin Angela Merkel nicht neun Monate vor der Bundestagswahl die Koalition mit der SPD an die Wand fahren, bloß weil die Delegierten in Essen mal etwas Dampf abgelassen haben.
Denn die weitgehende Einschränkung der Optionspflicht steht nicht bloß im Koalitionsvertrag - sie hat seit fast zwei Jahren Gesetzeskraft. Wer also sollte mit der Union für eine Rolle rückwärts stimmen? Im aktuellen Bundestag wohl niemand. Im nächsten wohl nur die AfD. Aber mit der AfD will man ja keinesfalls koalieren. In der Union hofft man doch viel eher, dass die rechte Konkurrenz möglichst schwach abschneidet. Potenzielle Koalitionspartner von Rot über Gelb bis Grün wiederum würde so ein Vorstoß zur Gesetzesänderung zutiefst brüskieren.
Die Optionspflicht zwang hier geborene Kinder von Nicht-EU-Ausländern, sich am 21. Geburtstag für eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden und den anderen Pass abzugeben. Kinder von EU-Bürgern und Schweizern können ohnehin beide Pässe behalten. Ausnahmen bei der Einbürgerung gibt es zudem für ältere Personen, politisch Verfolgte und zahlreiche andere Ausnahmefälle. Die jungen Wilden und alten Rechten in der Union wollen also ein Rädchen aus dem komplexen Getriebe des Staatsangehörigkeitsrechts entfernen, um so politisch durchzustarten. Das reicht aber nicht einmal für ein Ampelduell, geschweige denn für ein Langstreckenrennen.
Als Erster wird dies der kaum bekannte, aber neuerdings laute Doppelpass-Gegner Daniel Günther beweisen, wenn er als CDU-Spitzenkandidat Anfang Mai die Wahl in Schleswig-Holstein verliert. Sollte dann noch eine Woche später der liberale Armin Laschet im ungleich wichtigeren Nordrhein-Westfalen Erfolg haben, ist das Thema ohnehin erledigt - nicht bloß für den Rest dieser Legislaturperiode.
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