Weser-Kurier: Joerg Helge Wagner über Joachim Gaucks Bilanz
Bremen (ots)
Versöhnen statt Spalten, die Maxime eines seiner Vorgänger, war nie sein Stil. Joachim Gauck hat auch als Staatsoberhaupt immer sehr klar gemacht, mit wem Versöhnung eben nicht geht: Er hat Anhänger der NPD "rechte Spinner" genannt und öffentlich bezweifelt, dass "Teile" der Linken verlässliche Demokraten sind. Das Recht auf so viel Klartext wurde ihm als Bundespräsident höchstrichterlich zugestanden. Als höchster Repräsentant dieses Staates wollte er vor allem dessen demokratisches Fundament gegen jeden Angriff verteidigen. Er hat dabei sehr deutlich gezeigt, dass die gebotene parteipolitische Neutralität keineswegs den Verzicht auf Haltung erfordert - und dass Friedfertigkeit keineswegs Wehrlosigkeit voraussetzt. In seiner Abschiedsrede benennt er deshalb erneut, was verteidigenswert ist: Freiheit, Chancengerechtigkeit, eine starke Bürgergesellschaft - "das beste Deutschland, das wir jemals hatten". Er wäscht so auch all jenen den Kopf, die aus irgendeiner persönlichen Enttäuschung eine Rebellion von rechts oder die Revolution von links herbeisehnen. Gauck sieht klar die Bedrohungen, lehnt aber den Rückzug ins Nationale als Antwort darauf ab. Er ermutigt, auf das bisher Erreichte zu vertrauen und Verantwortung zu übernehmen. Denn die Kräfte reichen locker, doch zu oft fehlt der Mut - Gaucks Worte sind ein liebevoller Tritt in viele Hintern.
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