Weser-Kurier: Kommentar von Serena Bilanceri über den Armutsbericht
Bremen (ots)
Eine sehr gute wirtschaftliche Entwicklung und trotzdem Armutsrisiko auf Höchststand: Etwas muss in den vergangenen Jahren schiefgelaufen sein. Nun stellt sich die Frage: was? Konnte die Politik das nicht kommen sehen? Die Antwort auf solche Fragen ist vermutlich so vielfältig wie die politischen Einstellungen im Bundestag.
Am stärksten betroffen sind Arbeitslose, Alleinerziehende, Ausländer und Familien mit vielen Kindern. In armen Verhältnissen aufgewachsene Kinder werden oft später zu armutsgefährdeten Eltern. Diese Spirale lässt sich offensichtlich ohne gezielte politische Vorkehrungen nicht brechen.
Auch wurde im vergangenen Jahr mehr als 300.000 Haushalten der Strom abgedreht - der Trend ist zwar sinkend, der Wert aber weiterhin besorgniserregend. Oft mangelt es auch an Wissen und Mitteln, um Strom sparen zu können. Denn die neuen Elektrospargeräte sind meistens teurer als die älteren. Und so gelangen manche in eine Armutsspirale, aus der sie ohne externe Hilfe nicht herauskommen können.
Doch ein solcher Mechanismus tritt nicht nur beim Energiesparen auf. Auch wenn es darum geht, die eigenen Ersparnisse zu investieren oder sich zu bilden, sind diejenigen, die mehr Ressourcen haben, deutlich im Vorteil. Bei ihnen ist zum Beispiel die Gefahr viel geringer, sich zu überschulden.
Das ist zwar keine neue Erkenntnis, aber es zeigt deutlich, dass diejenigen, die am wenigsten haben, nur schwer durch eigene Kräfte der Armut entfliehen können. Vor allem in einer Welt, die immer spezialisierter und konkurrenzgeprägter wird.
Der soziale Aspekt unserer sozialen Marktwirtschaft ist nun gefragt. Sei es durch eine verstärkte Absicherung oder verbesserte Bildungs- und Arbeitsbedingungen: Die Verteilung der Einkommen in der Gesellschaft sollte gerechter werden. Mit dem Mindestlohn alleine ist es nicht getan. Wer in Teilzeit arbeitet, bekommt oft immer noch zu wenig. Das betrifft auch Alleinerziehende. Und damit steht auch die Zukunft vieler Kinder auf dem Spiel.
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