Weser-Kurier: Kommentar von Olaf Dorow über Fußball und Gewalt
Bremen (ots)
Was tun? Eine Mehrheit ist gegen Krawalle, Chaos, Pyrotechnik in den Fußballstadien. Eine Minderheit sorgt aber beharrlich für chaotische Szenen, weswegen die Mehrheit ein Problem hat: Die Exzesse auf den Tribünen gehören mittlerweile fast schon so sehr zum Fußball wie Schüsse ins Tor. Jederzeit und überall kann es passieren. Wie jetzt in Rostock, wo das Spiel im DFB-Pokal zwischen Hansa und Hertha kurz vorm Abbruch stand.
Was tun? Noch mehr Polizei? In Rostock waren 1700 Beamte vor Ort. Großflächige Aussperrungen? Könnte das Problem aus den Stadien vor die Stadien verlagern, warnen Sicherheitsexperten. Gezielte Stadionverbote? Würden oft durch Anwälte aufgehoben, sagt ein Vereinsboss wie Heribert Bruchhagen vom HSV. Mehr Dialog mit den Ultras? Wollen viele von denen nicht, dazu würden sie zu sehr um sich selbst kreisen, sagen Fan-Forscher. Und der Fußball, mal so als Ganzes gesehen, sagt: Der Fußball allein kann das Problem nicht lösen. Er sei quasi Opfer. Von Radikalen als Plattform missbraucht. Die Gewalt komme aus der Gesellschaft in den Fußball hinein statt umgekehrt.
Natürlich ist der Fußball, sind Fußballfunktionäre nicht schuld daran, wenn in den Stadien gezündelt wird. Im juristischen Sinne schon mal gar nicht. Der Fußball sollte sich aber schon fragen, wie sehr die Spirale der Kommerzialisierung, die Spirale der Entfremdung, die er Jahr für Jahr vorantreibt, mit der Spirale der Gewalt zusammenhängt. Wenn Teile der Fans gar keine Fans mehr sind und sich zunehmend mit sich selbst beschäftigen statt mit dem Fußball, dann liegt das zunächst an ihnen. Aber wohl nicht nur. Der Fußball, er könnte schon etwas tun: demütiger werden. Nicht nur vorleben: mehr, mehr, mehr! Das würde die Chaoten auf den Rängen nicht umgehend in Unschuldslämmer verwandeln, schon gar nicht in den unteren Ligen. Aber es könnte helfen, eine Entwicklung einzudämmen, die niemand will. Der Fußball ja auch nicht.
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