Weser-Kurier: Über die Jamaika-Sondierungen schreibt Norbert Holst:
Bremen (ots)
Moderieren ist Angela Merkels Stärke. Die Kanzlerin wird ihre ganze Kunst aufbringen müssen, damit CDU, CSU, FDP und Grüne in den an diesem Mittwoch beginnenden Gesprächen zu einer Jamaika-Koalition zusammenfinden. 50:50, so der allgemeine Tenor, stehen dafür die Chancen. Die Ausgangsbasis der Kanzlerin ist mit den Wahlen in Niedersachsen und Österreich nicht besser geworden. Immer lauter werden in der CDU die Forderungen, einen konservativeren Kurs einzuschlagen. Mittlerweile gibt es auch immer häufiger Appelle an Merkel, sie möge den Parteivorsitz in jüngere Hände legen. Merkel ist einerseits geschwächt, andererseits aber auch zum Erfolg verdammt, seit sich die SPD in die Opposition geschlagen hat. Das treibt die Preise hoch. Die FDP schielt bereits auf den Chefposten im Finanzministerium, die Grünen stellen etwa mit dem Braunkohleausstieg die ersten Hindernisse auf, über die die Partner in spe springen müssten. Und in der CSU herrscht seit dem miserablen Abschneiden bei der Bundestagswahl ohnehin die blanke Angst. Für sie ist klar: Die Union braucht ein scharfes konservatives Profil. Generalsekretär Andreas Scheuer ließ schon anklingen, dass die Sondierungen "nicht geprägt sein werden von Reggae und irgendeinem lässigen Style". Spannende Wochen liegen vor uns. Entweder dürften die Gespräche schnell platzen - oder sie werden sich lange, lange hinziehen. Klappt das Projekt, dann könnte man Merkel noch einmal in ihrer Paraderolle sehen: als Koalitionschefin, die über den anderen Streithähnen steht.
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