Rheinische Post: Ein deutsches Erbe
Düsseldorf (ots)
Von Lothar Schröder
Bald wird der letzte KZ-Überlebende, der letzte NS-Täter und letzte Zeitzeuge des Holocaust gestorben sein. Aber was geschieht, wenn die so genannte Erlebnis-Generation nicht mehr existiert? Die Gefahr ist groß, dass dann die Massenvernichtung der Juden durch die Nazis zunehmend historisiert wird und vergleichbar zu werden droht. Es bleibt zwar ein furchtbares Ereignis, aber vielleicht nur noch eins unter etlichen anderen historischen Begebenheiten. Bis es im Geschichtsunterricht heißen wird: Und jetzt schlagen wir alle den Holocaust auf, 20. Jahrhundert, Seite 37-45. Die Debatten hierüber kochen in Abständen immer wieder hoch - im Historikerstreit oder zuletzt mit Walsers Rede von der Moralkeule. Saul Friedländer, der jüdische Historiker und neue Friedenspreisträger, hat darauf gestern in der Frankfurter Paulskirche seine Antwort gegeben. Dem Leid hat er eine eigene Stimme gegeben, den Opfern ihre Sprache - ihre letzten Worte, ihre kleine Hoffnung, ihre große Furcht. Nichts ist beklemmender als diese Quellen und Zeugnisse. "Heben Sie alles für den Kleinen auf", hat Friedländers Vater kurz vor der Deportation einem Quäker geschrieben. Dieses Bewahren - ein jüdisches Vermächtnis - ist auch Teil des deutschen Erbes.
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