Rheinische Post: Lokführer-Posse
Düsseldorf (ots)
Von Carsten Fiedler
Was für ein irrwitziges Szenario: Die Gewerkschaft der Lokführer kündigt den großen Oktober-Streik an, und der Chef erklärt: Ich bin dann mal weg. Während zehntausende Bahn-Kunden von heute an wieder mit dem Chaos im Regionalverkehr kämpfen, tritt der angeblich erschöpfte Manfred Schell eine Kur am Bodensee an. Lächerlicher kann man einen Arbeitskampf nicht führen. Vier Monate lang kämpfte Schell mit härtesten Bandagen, um sich nun, nach all dem Kriegsgeheul, zurückzuziehen. Die GdL verspielt mit dieser Posse den letzten Rest an Glaubwürdigkeit bei den genervten Bahn-Kunden. Natürlich geht im Zweifelsfall die Gesundheit vor. Doch zu oft schon hat sich hinter einem solchen Manöver ein taktischer Rückzieher oder erzwungener Rücktritt verborgen. Bei dem Tarifkampf geht es längst nur noch vordergründig um die Besserstellung der Lokführer. Es geht um Eitelkeiten und Macht. Nichts deutet darauf hin, dass die Streiks durch die Übergabe der Verhandlungsführung an GdL-Vize Weselsky schnell beigelegt werden. Der Kronprinz aus Ostdeutschland gilt als der starke Mann im Hintergrund. Im Mai will er neuer GdL-Chef werden, er muss sich also profilieren. Die Machtspielchen gehen weiter - auf dem Rücken zigtausender Pendler.
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