Rheinische Post: Rüttgers: Versetzung nicht gefährdet
Düsseldorf (ots)
Von Sven Gösmann
Es war eine Zäsur in der Geschichte Nordrhein-Westfalens: Im Mai 2005 löste eine CDU/FDP-Regierung die sozialdemokratischen Dauerregenten ab. Selbst der unter Rotfunk-Verdacht stehende "Hart, aber fair"-Moderator Frank Plasberg gestand kürzlich, vor zweieinhalb Jahren Rüttgers gewählt zu haben: "NRW brauchte eine politische Sauerstoffdusche." Wohl wahr. Aber der Wind blies seitdem allenfalls mäßig frische Luft ins Land, im bürgerlichen Lager warten einige immer noch auf den politischen Tornado Jürgen. Dabei sieht die schwarz-gelbe Zwischenbilanz gar nicht so schlecht aus und würde der Regierung Rüttgers heute nach allen Umfragen die Wiederwahl bescheren. So setzt die Koalition etwa in der Bildungspolitik, dem Herzstück jeder gestaltenden Landespolitik, die richtigen Akzente: Leistung soll gefordert und gefördert werden. Den Hochschulen wurden größere Freiheiten gewährt - als Anreiz für stärkere Anstrengungen in Forschungen und Lehre. Das Signal der Studiengebühren wurde in der Bevölkerung weitgehend verstanden: Nur was etwas kostet, ist auch etwas wert. Im Bildungsbereich haben CDU und FDP damit ein Versprechen gegeben, dessen Einhaltung argwöhnisch verfolgt werden wird: Nur wenn NRW die hinteren Plätze bei den Pisa-Rankings verlässt, es für jeden Studierenden einen (Sitz-)Platz im Hörsaal gibt, werden Rüttgers und sein Forschungsminister Pinkwart die Belohnung in Form von Wählerstimmen ernten. Und sonst? Den Steinkohle-Ausstieg haben Rüttgers und sein souveräner Finanzminister Linssen mit gutem Ergebnis für das Land bewältigt. Der Rest des Kabinetts fällt ab: Familienminister Laschet blieb ein Medienphänomen, Verkehrsminister Wittke wie Wirtschaftsministerin Thoben sind wenig profiliert, der liberale Innenminister Wolf ist ebenso unsichtbar wie Sozialminister Laumann, der immerhin Ratgeber für Rüttgers geblieben ist. Zudem ist es der Regierung Rüttgers nicht gelungen, den Schwung des Anfangs in die zweite Hälfte der Legislaturperiode mitzunehmen. Zunehmend wird das Bild von Skandälchen geprägt, die für sich genommen unwichtig sind, in ihrer Ballung aber ein schlechtes Licht auf den Apparat und seinen Chef werfen. Häufige Personalwechsel im Umfeld des Regierungschefs komplettieren den Eindruck, dass diese Regierung zwar kaum Treffer der eher müden SPD-Opposition zulässt, dafür aber regelmäßig Eigentore schießt. Fußballtrainer wechseln an dieser Stelle immer Teile der Mannschaft aus, um neue Impulse zu setzen. Kandidaten im Kabinett, etwa die überforderte Justizministerin Müller-Piepenkötter, gibt es genug. Vielleicht sollte FC-Köln-Fan Rüttgers zur Inspiration mal wieder ins Stadion gehen.
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