Rheinische Post: Präsidenten-Poker
Düsseldorf (ots)
Von Reinhold Michels
Die Erfahrung lehrt: Wenn Kurt Beck politisch taktiert, wird es für seine Partei und ihn als SPD-Chef heikel. Becks tollkühne Volte, die er mit seiner plötzlichen Sympathie für Ypsilantis rot-rot-grüne Gelüste nach der Hessen-Wahl schlug, brachten ihm, der Hessin und der SPD Spott und Minuspunkte. Dass Beck jetzt die in einem Jahr anstehende Bundespräsidenten-Wahl offenbar dazu nutzen will, um erneut rot-rot-grüne Chancen auszuloten, zeigt: Entweder ist der demoskopisch gequälte Mann wirklich auf dem Weg zum Unglücksraben der Nation, oder es gelingt ihm, zu zeigen, dass er strategisch raffinierter vorgeht als ihm das viele zutrauen. Wenn es Beck schafft, mit der politisch hoch achtbaren, blitzgescheiten Bundespräsidenten-Kandidatin Gesine Schwan die vorhandene Stimmung für eine Frau im höchsten Staatsamt zu beflügeln, könnte er als gewünschten Nebeneffekt erreichen, dass Präsident Horst Köhler resigniert und es bei fünf Jahren im Schloss Bellevue bewenden lässt. Zumal eine klare Wiederwahl-Mehrheit für den Kandidaten von FDP, CDU, CSU nach der Bayern-Wahl im September ausgeschlossen ist. Verlöre Beck indes den Präsidenten-Poker, hieße es endgültig über ihn: gewogen und für zu leicht befunden.
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