Rheinische Post: Der Papst und der gute Wille
Düsseldorf (ots)
Von Reinhold Michels
Päpstliche Enzykliken richten sich unter anderem an "alle Menschen guten Willens". Da mischt sich Hoffnung mit Skepsis. Man braucht kein abgrundtiefer Pessimist zu sein, um zu dem Schluss zu kommen: Auch dieses gedankenreiche Lehrschreiben des Mannes, der bekanntlich keine Divisionen hat, der günstigenfalls als moralische Speerspitze respektiert wird, macht aus dem alten Adam mit seinen verrückten Tänzen ums Goldene Kalb keinen Alltags-Menschen, der Glaube und Vernunft zum Einklang bringt. Dass das mehr gelingen möge, ist das entscheidende Anliegen des Kirchenlehrers auf dem Stuhl Petri, ja, es wird zum Leitmotiv eines Pontifikats, dem die neue Enzyklika hoffentlich den verwehten Anfangs-Schwung zurückbringt. Benedikt XVI. hat mehr veröffentlicht als ein vatikanisches Sozialwort. Das ist "Caritas in Veritate" auch. Aber seine Sorge gilt nicht allein dem Homo oeconomicus, sondern dem Menschen mit seinen Möglichkeiten und Gefährdungen. Der Appell des Papstes, zur Besinnung, zum Wahren, Guten und Schönen zu kommen, variiert einen von ihm als Joseph Ratzinger vor vielen Jahren zu Papier gebrachten, dramatisch klingenden Satz: Die Moral, die die Kirche lehre, sei keine Spezial-Last für Christen, vielmehr die Verteidigung des Menschen gegen den Versuch seiner Abschaffung. Wer hört die Signale?
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