Rheinische Post: Hollands Trauma Kommentar Von Matthias Beermann
Düsseldorf (ots)
Wir Deutschen haben uns seit 1945 so ausgiebig und auch so schmerzhaft mit der Aufarbeitung der NS-Zeit beschäftigt, dass wir dieses düstere Kapitel unserer Geschichte innerlich gerne abhaken. Das gilt gerade für die Generation der Jüngeren, die Kriegselend und Kriegsgräuel nicht mehr selbst erlebt hat. Wir fühlen uns mit uns selbst im Reinen: Deutschland ist zu einer stabilen Musterdemokratie im Herzen Europas geworden, hat sich ausgesöhnt mit den einstigen Gegnern und Opfern. Und ist das alles nicht schon so lange her? Doch jetzt kommt die Vergangenheit zurück, aus heiterem Himmel. Der deutsche Botschafter in den Niederlanden äußert den vorsichtigen Wunsch, am nationalen Kriegstrauertag teilzunehmen - und löst damit eine erbitterte Debatte aus. Der Streit zeigt, wie schwer sich unsere Nachbarn bis heute mit der Aufarbeitung der Kriegszeit tun. Deutsche haben ihnen damals großes Unrecht zugefügt, aber - und das wiegt vielleicht noch schwerer - viele Landsleute haben die Nazis auch unterstützt. Holland hat sein Trauma noch nicht bewältigt. Wir Deutsche sollten dennoch, mit dem gebotenen Takt, weiter auf unsere Nachbarn zugehen. Versöhnung braucht aufrichtige Gesten, das haben wir seit 1945 gelernt.
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