Rheinische Post: Einseitger Rat in der Atomfrage
Düsseldorf (ots)
Kommentar von Antje Höning
Das Tempo, in dem die Kanzlerin ihre Ansichten ändert, ist atemberaubend. Bis zum Unglück von Japan galten der Physikerin Merkel die deutschen Reaktoren als so sicher, dass sie eine Laufzeit-Verlängerung durchsetzte. Nach dem Beben brauchte die Parteichefin Merkel keine zehn Tage, um SPD und Grüne links zu überholen. Rot-Grün wollte bis 2022 aus der Atomkraft aussteigen und einen Meiler nach dem anderen vom Netz nehmen. Merkel dagegen stoppte - ohne dass sich die Fakten für Deutschland geändert haben - sieben Meiler auf einen Streich und richtet einen Ethikrat ein. Der soll ihr nun die Rechtfertigung für einen rascheren Ausstieg liefern. Dass der Rat einen "Ausstieg mit Augenmaß" erörtert, wie Merkel sagt, wird sie selbst nicht glauben. Augenmaß? Dazu ist der Rat zu einseitig mit Atomkraft-Gegnern und Philosophen besetzt. Erstaunlich. Schließlich geht es nicht um einen abstrakten Diskurs über die Risikogesellschaft, sondern um die konkrete Stromversorgung eines Industrielandes. Natürlich kann man auf grüne Energien umstellen. Aber dann muss der Bürger auch erfahren, dass dazu Tausende Kilometer neuer Netze, neue Kohlekraftwerke für die Grundlast, höhere Strompreise notwendig sind. Und der Wirtschaft muss man erklären, warum sie Verlässlichkeit von einer bürgerlichen Regierung nicht mehr erwarten kann.
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