Rheinische Post: Wahn des Tyrannen
Düsseldorf (ots)
Ein Kommentar von Lothar Schröder:
Gaddafis Angebot zu Gesprächen und Verhandlungen mit den Rebellen ist kein Zeichen mehr von Taktik oder irgendeiner Krisendiplomatie. Diese Geste des Diktators trägt alle Züge eines Wirklichkeitsverlustes. Es sind die letzten Belege jener Blindheit, die am Ende ihrer Herrschaft so viele Tyrannen befällt und die selbst einfache Überlebensinstinkte außer Kraft zu setzen scheint. Etliche Despoten des 20. und 21. Jahrhunderts retteten wegen ihres Wahns nicht einmal die eigene Haut, obwohl sie über die nötigen Informationen und erst recht die logistischen Mittel verfügten: wie Hitler und Ceaucescu, wie Hussein und zuletzt Mubarak. All diese Untergänge tragen keinerlei Spuren von Heroismus. Sie dokumentieren lediglich das ungläubige Staunen von Menschen, die alles ihrer Person und ihrer Macht brutal untergeordnet haben: Die Idee ihrer Herrschaft waren immer nur sie selbst; ihre Macht gründete im Kult um ihre Person. Und plötzlich fällt alles Charismatische von denen ab, die für ihre Anhänger Seher und Heilsbringer waren. Der wahnhafte Untergang Gaddafis ist die Entmythisierung eines Diktators. Der Moment, in dem die letzte Maske fällt, ist bedeutsam: für die Zukunfts- und Demokratiefähigkeit Libyens.
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