Rheinische Post: Ausgedünnte Union Von Reinhold Michels
Düsseldorf (ots)
Eine Woche vor der NRW-Wahl sagte der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher in Gütersloh, die Liberalen hätten ihre Krise hinter sich, anderen stehe diese noch bevor. Wen der Altmeister der Politik gemeint hat, wird mit jedem Tag Abstand zur einschneidenden Entscheidung an Rhein und Ruhr deutlicher: Es ist die CDU. Deren vor Wochen noch vergleichsweise gute Umfragewerte (richtig toll waren sie schon seit Jahren nicht mehr) schmelzen gemäß der berüchtigten Seehofer-Metapher wie ein Eisbecher in der Sonne. Zugegeben: eine Momentaufnahme. Aber es könnte sein, dass selbst ein SPD-Kanzlerkandidat Gabriel eine Siegchance hätte gegen die im Norden, Osten, Westen und auch im Süden vielfach desorientiert wirkende Union. "Angela Merkel soll Kanzlerin bleiben" - das ist als mutmaßlicher Wahlkampfschlager kein schlechter Slogan, er verrät jedoch die personelle Ausdünnung einer Partei, die - es ist noch nicht allzu lange her - außer Merkel zahlreiche politische Schwergewichte im Ring hatte: fast alle(s) verweht, von welchen widrigen Winden auch immer. Ein Trost bleibt der Union: der Kanzlerinnen-Bonus. Und Willy Brandts politische Lebensregel: Nichts komme von selbst, und nur wenig sei von Dauer.
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