Rheinische Post: Nur ein Europa Kommentar Von Michael Bröcker
Düsseldorf (ots)
Sigmar Gabriel ist bisher nicht als europapolitischer Visionär aufgefallen. Doch die jüngsten Einlassungen des SPD-Chefs sind zumindest teilweise bedenkenswert. Es wird Zeit, dass in Europa über eine künftige politische und rechtsstaatliche Verfasstheit des Kontinents diskutiert wird. Vereinigte Staaten von Europa, Kerneuropa, Bundesstaat, Europa der Regionen - was darf's denn sein? Die simple Formel "Mehr Europa" reicht als Antwort nicht aus. Zumal die Nationalstaaten an ihre rechtsstaatlichen Grenzen kommen, wie das Bundesverfassungsgericht unlängst in Bezug auf die Übertragung von Souveränität in der Euro-Krise gemahnt hat. Das Grundgesetz verliert seine Gültigkeit, wenn das deutsche Volk eine neue (europäische?) Verfassung beschließt, besagt der Artikel 146. Der Artikel könnte schneller Realität werden, als uns bewusst ist. Der erste Konvent zur Zukunft Europas ist gescheitert, weil er zu groß war und ohne echten Rückhalt arbeitete. Nun verschafft die Not der Krise ein neues Bewusstsein. Ein guter Zeitpunkt für einen Neuanlauf. Der Theologe Johann Herder hat Europas kulturellen Reichtum als "Gemeinschaftswerk aller Völker" bezeichnet. Nun brauchen Europas Völker endlich ein politisches Gemeinschaftswerk.
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