Rheinische Post: Wir müssen mehr Distanz wahren = Von Reinhold Michels
Düsseldorf (ots)
Vom Schriftsteller Alexandre Dumas stammt die Bemerkung: Alle Verallgemeinerungen seien gefährlich, auch diese. Dennoch: Dieser Pauschalisierung wird man sich nach der todbringenden Messerattacke von Neuss kaum verschließen können: Dass die Arbeit in Jobcentern - in der Sprache des Arbeitsrechts - " gefahrgeneigt" ist. Das junge Opfer in Neuss und viele ihrer zu Tausenden engagierten, von Rüpeln manchmal bis zur Weißglut gereizten Kollegen sind dieser Gefahr ausgesetzt. Werden - so wird man fragen müssen - diese Kräfte eigentlich ausreichend trainiert, geschützt, ja, und auch entlohnt? Nun heißt es, Jobcenter ließen sich nicht zu Hochsicherheitstrakten umbauen. Das stimmt wohl. Aber ist es wirklich abwegig, über Trennglasscheiben nachzudenken, wie sie früher nach schrecklichen Überfällen im Kassenbereich von Geldhäusern üblich waren? Unsere Gesellschaft kennzeichnet zweierlei: Aggressivität nebst niedriger Gewalt-Hemmschwellen einerseits und Offenheit und Transparenz andererseits. Distanz zu wahren, sie sogar zu schaffen gilt als vormodern. Das ist töricht, manchmal lebensgefährlich töricht. Wenn jede In-Disco robuste Türsteher am Eingang postiert: Warum sollte das ein Jobcenter mit einem Bodensatz an frustrierten, pöbelnden, alkohol- und drogensüchtigen Besuchern eigentlich anders halten?
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