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Rheinische Post: Gentests - es gibt ein Recht auf Nichtwissen = Von Antje Höning

Düsseldorf (ots)

Die amerikanische Schauspielerin Angelina Jolie hat sich aus Furcht, an Krebs zu erkranken, die Brüste abnehmen lassen. Eine bemerkenswerte Entscheidung, die Frauen auch in Deutschland diskutieren. Zum einen, weil Brustkrebs hierzulande die häufigste Krebserkrankung von Frauen ist. Jede zehnte erkrankt im Laufe ihres Lebens an einem Mammakarzinom. Die Therapiemöglichkeiten haben sich stark verbessert. Doch noch immer sterben Tausende Frauen im Jahr daran. Entsprechend groß ist die Furcht. Zum anderen hat Jolie mit der von ihr öffentlich gemachten Entscheidung für die Operation eine grundsätzliche Frage aufgeworfen, die weit über das Thema Brustkrebs hinausweist. Wie viel wollen wir eigentlich von unserer eigenen Zukunft wissen? Und was fangen wir mit diesem Wissen an? Früher konnten die Menschen allenfalls Erfahrungen aus ihrer Familiengeschichte extrapolieren, um etwas über ihre Zukunft zu vermuten. Heute erlauben Gentests viel genauere Vorhersagen. Der 37-jährigen Schauspielerin, die das Brustkrebs-Gen BRCA 1 in sich trägt, sagten die Ärzte eine Wahrscheinlichkeit von 87 Prozent voraus, dass sie einmal an Brustkrebs erkranken wird. Das ist keine sichere Prognose, die kann es definitionsgemäß nicht geben, aber ein klares Signal: Das Risiko, krank zu werden, ist größer als die Chance, gesund zu bleiben. Mit dieser Furcht wollte die Mutter von sechs Kindern nicht leben und entschloss sich zu einem radikalen Schritt. Solche Gentests sind keine amerikanische Besonderheit, sondern werden auch Frauen in Deutschland angeboten - unabhängig davon, ob sie privat oder gesetzlich versichert sind. Wichtig ist dabei das Wort "Angebot". Jeder muss für sich individuell entscheiden können, ob er sich mit Wahrscheinlichkeits-Aussagen aus Gentests belasten will - und mit wem er dieses Wissen teilt. Sicher nicht mit seinem Arbeitgeber oder seiner Versicherung. Es muss weiterhin ein Recht auf Nichtwissen geben. Auch damit in der Gesellschaft kein Klima entsteht, in dem Krankheit oder Behinderungen als vermeidbare Übel gelten. Aus diesen Gründen verbieten sich Gentests an Ungeborenen. Und jeder muss für sich festlegen, welche Folgerungen er aus solchen Tests zieht. Bezogen auf den Brustkrebs heißt das: Manche Frauen werden sich für eine vorsorgliche Operation entscheiden, andere für eine engmaschigere Überwachung. Auch die kann lebensrettend sein. Je früher ein Krebs erkannt wird, desto größer sind die Chancen, ihn zu besiegen. Und wenn Jolies öffentlicher Auftritt nur hierfür sensibilisiert hat, war er gut.

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