Rheinische Post: Evangelische Meinungsbildung Kommentar Von Frank Vollmer
Düsseldorf (ots)
Ohne etwas Geburtswehenhaftes ist Meinungsbildung im deutschen Protestantismus schwer zu haben. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat das gestern wieder nachdrücklich vorgeführt, vor allem bei der Wahl eines neuen Präses. Die Wahl entwickelte sich zur Hängepartie - und für den Favoriten, Bayerns Ex-Ministerpräsidenten Günther Beckstein, zum Debakel. Wegen eigener Ungeschicklichkeiten und politischer Differenzen war er den Kirchenparlamentariern nicht zu vermitteln. In einer weiteren schmerzhaften Debatte hat die EKD dagegen einen großen Schritt voran gemacht. Im Streit um die "Orientierungshilfe" zu Ehe und Familie hat der Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider in einem theologischen Kraftakt nachgeliefert, was dem Papier fehlte: die Antwort auf die Frage, wie man der gesellschaftlichen Realität ins Auge schauen kann, ohne das biblische Zeugnis zu verraten. Schneider hat mit der im besten Sinne frommen Herleitung manchen Zweifler überzeugt und manchen Kritiker ins Zweifeln gebracht. Das ist nach einer teils schrillen Debatte ein gutes Zeichen für die Kirche. Allen Schmerzen zum Trotz darf man also aufseufzen: Geht ja doch. Zumindest manchmal.
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